Schädigungen der Strukturen des Temporallappens können zu verschiedenartigen Ausfällen führen.
Läsionsort
Die Ursache der anterograden Amnesie kann eine Schädigung beider Hippocampi sein, einer Struktur, die im Temporallappen liegt. Aber auch Schädigungen in Strukturen des Zwischenhirns können eine anterograde Amnesie verursachen. Diese Strukturen sind an der Abspeicherung und am Abruf von Gedächtnisinhalten beteiligt. Sie gehören zum Papez'schen Schaltkreis, der bei der Verfestigung von Erinnerungen eine Rolle spielt.
Symptome
Durch die Schädigung können keine neuen Informationen vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis gelangen. Die betroffene Person ist nicht mehr in der Lage, neue episodische und semantische Informationen zu speichern, wie beispielsweise gerade kennengelernte Personen wiederzuerkennen. Die Fähigkeit, prozedurales Wissen zu speichern, ist jedoch weitestgehend intakt. So kann z.B. ein Instrument gelernt werden, auch wenn sich die Person nicht daran erinnert, am Vortag geübt zu haben. Mit einer anterograden Amnesie geht meistens auch eine retrograde Amnesie einher, die sich auf Ereignisse bezieht, die kurz vor der Schädigung stattgefunden haben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Gedächtnisinhalte, die kurz vor der Schädigung abgespeichert wurden, zum Schädigungszeitpunkt noch nicht hinreichend konsolidiert waren und noch nicht unabhängig von der Funktionsweise des Hippocampus abgerufen werden können.
Symptome
Als retrograde Amnesie (retrograde = rückläufig, zurückliegend) bezeichnet man eine Gedächtnisstörung, bei der die betroffene Person zurückliegende Erlebnisse aus der Vergangenheit und/oder semantisches Wissen nicht mehr erinnern kann. Betroffen sind meist vor allem episodische Erinnerungen. Eine Erklärung hierfür besteht darin, dass semantisches Wissen oft mehrfach gelernt wird und somit stärkere Gedächtnisspuren hinterlässt, während episodische Erinnerungen oftmals nur einmalig gelernt werden. Dennoch können sich Menschen mit einer retrograden Amnesie auch an episodisches Wissen erinnern, das jedoch lange zurückliegt. Dies mag daran liegen, dass diese Erinnerungen schon häufig wieder abgerufen wurden und somit fester im Gedächtnis verankert wurden. Eine retrograde Amnesie kann sich auf Wochen bis Monate vor der Schädigung ausweiten, es gibt jedoch auch Fälle, bei denen Jahrzehnte an Erinnerungen vor der Schädigung verloren gingen. Je größer die Ausdehnung der Schädigung, desto weiter geht die retrograde Amnesie zurück.
Läsionsort
Für das Auftreten einer retrograden Amnesie sind häufig Läsionen in fronto-temporalen Regionen verantwortlich. Wie schon angesprochen gibt es eine Spezialisierung der beiden Hirnhälften auf bestimmte Gedächtnisinhalte. Die rechte Hemisphäre ist eher Speicher für episodische Informationen, die linke Hemisphäre speichert eher semantische Informationen. Dies spiegelt sich auch in dem Beeinträchtigungsmuster nach Schädigungen des Gehirns wieder. Sind fronto-temporale Regionen der rechten Hemisphäre von einer Schädigung betroffen, so ergeben sich Schwierigkeiten im episodischen Gedächtnis, nach linksseitigen Schädigungen treten Problemeim semantischen Gedächtnis auf.
Außerdem kann eine retrograde Amnesie unterschiedlich weit zurückgehen. Ein bekanntes Phänomen ist die retrograde Amnesie nach einem Schlag auf den Kopf: so werden danach Stunden bis Tage vor dem Schlag nicht erinnert, da der Prozess der Speicherung des erworbenen Wissens noch nicht abgeschlossen war.
Nach einem sogenannten stumpfen Trauma findet sich eine Schädigung im Frontallappen (Stirnlappen). Betroffene Patienten haben Defizite bei Aufgaben des Arbeitsgedächtnisses, was sich z.B. bei Aufgaben, die eine Aktualisierung des Arbeitsgedächtnisses benötigen, zeigt. Kontrolliertes Planen und Denken sind gestört, die Fähigkeit zu organisieren ist erheblich beeinträchtigt. Außerdem können Schädigungen im Frontallappen auch Persönlichkeitsveränderungen bedingen.
Ursache der Quellenamnesie sind Schädigungen im Frontallappen. Der betroffene Patient kann dabei nicht mehr unterscheiden, ob eine Erinnerung von ihm selbst erlebt wurde, also episodischer Natur ist, oder fremd erlebt wurde. Dies ist ein Hinweis darauf, dass der Frontallappen auch bei der zeitlichen Einordnung von Erinnerungen eine Rolle spielt.