Organkulturmodelle
Um die pathologischen Veränderungen der Retina zu verstehen, sind geeignete Modelle notwendig, die den Zustand der Augenerkrankungen simulieren. Die meisten Modelle basieren auf Versuchstieren. Es besteht jedoch immer mehr das Bestreben diese Tierversuche durch Alternativen zu reduzieren oder zu ersetzen. Organkulturen aus Schweineretinae, die von Schlachttieren aus der Lebensmittelindustrie gewonnen werden können, bieten hier eine gute Alternative, da sie dem menschlichen Auge anatomisch, morphologisch und physiologisch sehr ähnlich sind.
Glaukom-Organkulturmodelle
Zur Untersuchung der Glaukompathogenese wurden in den letzten Jahren von unserer Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der AG Schnichels (Universitäts-Augenklinik Tübingen) ein ex vivo Degenerationsmodell der Schweineretina etabliert (Hurst et al., 2017; Kuehn et al., 2016; Kuehn et al., 2017). Hierfür wird die Schweineretina in Kultur genommen und durch Zugabe verschiedener toxischer Subtanzen eine Degeneration hervorgerufen. Dadurch werden die verschiedenen Aspekte der Glaukompathogenese simuliert und können untersucht werden.
Sowohl der Einsatz von H2O2, als Auslöser von oxidativen Stress, als auch von CoCl2, zur Induktion von hypoxische Prozesse, führte in unseren Modellen zu einer Degenerationen der Schweineretina. Nach erfolgreicher Etablierung der Degenerationsmodelle wurden diese von uns bereits zur Testung verschiedener Therapieansätze genutzt. Im Zuge dessen konnten wir beispielsweise zeigen, dass eine Hypothermiebehandlung (Maliha et al., 2019) oder spezielle Extremolyte (Tsai et al., 2020) Ganglienzellen vor der Degeneration schützen. Auch Coenzym Q10 hat eine zu protektive Wirkung auf retinale Ganglienzellen (Deppe et al., 2024). und es führte zur Reduktion des mitchonridalen Stresslevels (Abbildung 1).
Altersbedingte Makuladegeneration (AMD)-Organkulturmodelle
Um die Degenerationsprozesse der AMD näher zu untersuchen, wurde das Organkulturmodell der Schweineretina adaptiert (Wagner et al., 2020). Im nächsten Schritt haben wir durch die Kombination aus primäre porcine RPE-Zellen (ppRPE) und Neuroretina ein Kokulturmodell entwickelt, was zu einem besseren Erhalt der Photorezeptoren führt (Wagner et al., 2022) und zudem die in vivo Situation besser wiederspiegelt. Um oxidativen Stress als Aspekt der AMD-Pathogenese zu integrieren, wurden ppRPE-Zellen mit Natriumioodat (NaIO3) behandelt und anschließend mit Neuroretina-Explantaten kokultiviert. Es zeigte sich eine signifikante Schädigung durch NaIO3 an den ppRPE-Zellen, was sich in der verminderten RPE65- und ZO-1-Expression widerspiegelte. In der Neuroretina führte NaIO3 zu einer signifikanten Reduktion der Zapfenanzahl (Wagner et al., 2024). Diese Ergebnisse unterstreichen das Potenzial unseres ex vivo AMD-Modells zur zukünftigen Untersuchung der AMD-Pathogenese und zur Evaluierung neuer Therapieansätze