Interdisziplinäre Exkursion zur Zypernarchäologie, 26.03.–07.04.13
Der fachlichen Ausrichtung und Schwerpunktsetzung der vier DozentInnen gemäß (Mineralogie und Archäometallurgie, Montanarchäologie, Vor- und Frühgeschichte, Archäologie der ostmediterranen Bronzezeit, Phönizische Archäologie, Klassische Archäologie) umfasste das Programm der Exkursion ein überaus breites zeitliches Spektrum, von der geologischen Entstehung der Insel über das Neolithikum bis in die römische Zeit. Thematisch lag ein klarer Fokus auf den Metalllagerstätten als den wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen sowie deren gewinnbringender Nutzung und Einbringung in die antiken, teils mittelmeerweiten Handelsnetze und der sich daraus ergebenden Kontakte zu anderen Regionen. Diese interdisziplinäre Ausrichtung, die seit langem erfolgreich in Lehre und Forschung praktiziert wird, konnte nun erstmals auch auf eine Exkursion angewandt werden. Gefördert wurde die Exkursion über das Promos-Programm des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).Abb.01: Die Exkursionsgruppe mit V. Kassianidou in Marki-Alonia.
© Foto: B. Morstadt
Ein zweitägiges Blockseminar
In einem zweitägigen Blockseminar (21.–22.04.) bereiteten wir uns inhaltlich-archäologisch auf die Exkursion vor, indem von den DozentInnen jeweils eine Einführung in die Thematik ihres Forschungsschwerpunkts gegeben wurde, und anschließend die Studierenden, eingeteilt zu den jeweiligen Themenblöcken, vorbereitete Referate hielten. Die Themen waren zudem in etwa in chronologischer Reihenfolge angeordnet, um einen besseren Überblick über die groben Entwicklungsstränge zu erhalten. Außerdem haben die Studierenden zu einzelnen archäologischen Stätten, thematisch in etwa passend zu dem Themen-Referat, Führungen vorbereitet, die vor Ort zu halten waren. Für die Führungen waren Führungsblätter mit Karten, Übersichtsplänen, Tabellen, Literatur usw. erstellt worden, die vor Beginn der Exkursion zu einem Reader zusammengeführt, ausgedruckt und an die ganze Gruppe verteilt worden waren.Erfolgreiche Exkursion dank guter Planung
Wenige Tage vor Abreise erreichte uns die schreckliche Nachricht der akuten Bankenkrise in Zypern. Wir machten uns Sorgen um die Durchführung unserer Exkursion und reisten mit reichlich Bargeld los, blieben vor Ort von diesen Ereignissen jedoch weitgehend unberührt. Unser ganzes Mitgefühl aber galt – und gilt – natürlich unseren zyprischen KollegInnen und FreundInnen. Mit guter Planung und viel Glück konnte die Exkursion erfolgreich durchgeführt werden. Auch das zunächst entstandene Problem bei der Abholung unserer Mietautos nach der Ankunft am Flughafen konnte bald behoben werden: die Mietwagenfirma hatte die Buchung und Bezahlung von fünf Minibussen für einen Fehler gehalten und sie also nicht vorrätig gehalten. Reichlich beengt mit Gepäck in jedem Zwischenraum fuhren wir also nach Nicosia, konnten dort aber glücklicherweise am nächsten Tag drei Autos umtauschen. Fortan fuhren wir sehr bequem, hatten auch das Kolonne-Fahren und den Links-Verkehr problemlos im Griff. Die Gruppendynamik gab vor, dass wir gerne den guten Ortskenntnissen von Constance von Rüden folgten und dann dahinter unsere Lieblingsplätze einnahmen. Die jeweiligen Fahrgemeinschaften bildeten recht schnell ihre Identität über das gemeinsame Trinken und Essen, v.a. von Kaffee und Süßem, die Musikauswahl sowie die Inhalte und Diskussionsweisen der angesprochenen (Fach-)Themen. Großes Glück hatten wir mit den Unterkünften, v.a. der Pension in Tochni, wo wir die meiste Zeit verbrachten. Zwar eher reduziert eingerichtet und mit einem begrenzten Vorrat an warmem Wasser, bot sie doch eine große Terrasse mit wunderbarem Ausblick, die wir abends bei reichlich Wein und Oliven gemeinsam genossen.Das Cyprus Museum in Nicosia
Den inhaltlichen Auftakt zur Exkursion machte am 27.03. ein Besuch im Cyprus Museum in Nicosia mit einem Treffen mit einer Mitarbeiterin des Department of Antiquities und Kuratorin des Museums, Eftychia Zachariou-Kaila. Im Museum wurden mit den Studierenden die dort ausgestellten Fundobjekte nach Gattungen gemeinsam besprochen. Bei den Besuchen der jeweiligen Distriktmuseen in Palaepaphos, Limassol und Larnaca in den folgenden Tagen konnte die Kenntnis der Gattungen darauf aufbauend dann jeweils weiter vertieft werden. Auch erhielten die Studierenden im Gespräch mit Frau Zachariou-Kaila einen ersten Eindruck der jüngeren politischen wie auch derzeitigen angespannten wirtschaftlichen Situation auf Zypern, die bei jedem Zusammentreffen mit Zyprioten mitschwingen sollte, und der wir mit aller Sensibilität begegneten.Freude über den Besuch
Bereits am Nachmittag fand das geplante Treffen mit WissenschaftlerInnen und Studierenden des Department of History and Archaeology der University of Cyprus statt, zu dem uns Professor Dr. Demetrios Michaelides als Direktor der Archaeological Research Unit eingeladen hatte. Anstatt eines zuvor ins Auge gefassten kleinen workshops zeigte sich das zyprische Institut über unseren Besuch so erfreut, das alle dortigen DozentInnen und DoktorandInnen daran teilnahmen und ihre Forschungsschwerpunkte kurz vorstellten. Trotz des übervollen Programms erleichterte doch diese Vorstellung schließlich die Aufnahme von Gesprächen und das Stellen von Fragen in den Kaffee-Pausen für alle Seiten.Besuch der wichtigsten Stätten Zyperns
Am 28.03. begannen wir mit der Rundreise und dem Besuch der wichtigsten geologischen, historischen, archäologischen und kulturwissenschaftlichen Stätten Zyperns: die neolithische Siedlung in Kalavasos-Tenta, die chalkolithische Siedlung in Kissonerga, die bronzezeitlichen Siedlungen in Alassa, Maa-Paleokastro, Hala Sultan Tekke, die Heiligtumsanlagen in Kition-Kathari sowie in Kition-Bamboula und die nahe gelegenen Schishäuser, die eisenzeitlichen Königsgräber und Siedlung in Tamassos, die hellenistisch-römischen Königsgräber und Stadtanlage von Paphos und das Heiligtum und die römische Stadtanlage in Kourion. Der Besuch von Palaepaphos umfasste die Perserrampe und das Heiligtum sowie die Wahrnehmung der zahlreichen nahen Nekropolen wie etwa in Skales und Kaloriziki. Ein Badeaufenthalt am Strand der Aphrodite, Petra tou Romiou, fehlte natürlich auch nicht.Wahrnehmung der politischen und wirtschaftlichen Probleme
Die Besichtigungen umfassten darüber hinaus aber auch mittelalterliche Kirchen, z.B. die bedeutende Kirche Panagio Angeloktisti in Kiti, und Wirtschaftszentren, z.B. die Zuckerfabrik in Kouklia. In einer Abendsitzung wurde auch die Geschichte Zyperns seit der Spätantike durchgenommen. Ein besonderes Augenmerk galt zudem stets den zeithistorisch relevanten Orten: die Erfahrung der schwer bewachten Puer-Zone und der UN-Stützpunkte sowie der Besuch des „Viewpoint Famagusta“ im zyprischen Dorf Dheryneia mit Blick auf die seit 1974 in der Puffer-Zone liegende und verlassene Hotelanlage Varosha, südlich von Famagusta, samt Dokumentations-Ausstellung, hinterließen einen bleibenden Eindruck bei den Studierenden. Wir beließen es jedoch auch hier nicht bei einfachen Besuchen und/oder Ansehen, sondern schärften in gemeinsamen Gesprächen die Wahrnehmung der politischen und wirtschaftlichen Probleme. Eine ganze Vormittagssitzung widmeten wir schließlich der Besprechung der Zusammenhänge von Politik und Archäologie, wobei wir die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaneten Konikten im Allgemeinen und in Bezug auf die Archäologie auf Zypern besprachen.Zahlreiche WissenschaftlerInnen erläuterten ihre Forschungsgebiete
Zahlreiche WissenschaftlerInnen standen während unseres Zypernaufenthaltes erfreulicherweise zur Verfügung, uns ihre archäologischen Forschungsgebiete zu erläutern. Und so führten uns Prof. Dr. Bernard Knapp, vormals University of Glasgow und Leiter des Sydney Cyprus Survey-Projects, und Prof. Dr. Vasiliki Kassianidou von der University of Cyprus jeweils einen Tag zu verschiedenen metallurgischen Plätzen an den Hängen des Troodos-Gebirges: Phorades, Kokinorezo, Koulupacis, Mitsero, Marki-Alonia, Agia Varvara-Almyras, Mathiatis, Skouriotissa. In Amathus erhielten wir von Prof. Dr. Antoine Hermary von der Université Aix-en-Provence und seinen MitarbeiterInnen von der École Francaise d’Athènes und dem Maison de l’Orient et de la Méditerranée, Lyon, eine Führung; in Idalion desgleichen von Dr. Maria Hadjicosti, vormalige Leiterin des Department of Antiquities of Cyprus, und in Kalavasos-Ayios Dhimitrios von Dr. Alison South, Cyprus American Archaeological Research Institute.Abb.02: Moderner Tagebau mit angeschnittenen antiken Gruben in Mathiatis.
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