Exkursionen nach Mitteldeutschland, Niedersachsen und zu Museen im Rheinland, Mai–Juni 2013
Im Rahmen der Vorlesung zum Alt- und Mittelpaläolithikum konnte zusammen mit Prof. Dr. W. Ebel-Zepezauer eine viertägige Exkursion nach Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen sowie zwei halbtägige Exkursionen in rheinische Museen durchgeführt werden. Zur Hauptexkursion fand auch ein vorbereitendes Blockseminar statt, in dem in kurzen Übersichtsreferaten wichtige Fundstellen und Fundgruppen dieser Region vorgestellt wurden, die – um einen gewissen Überblick über die Archäologische Landschaft vor allem Mitteldeutschlands zu erhalten – zumeist postpaläolithischer Zeitstellung waren.Berühmte Travertinfundstelle des späten Altpaläolithikums
An Fronleichnam ging es mit einem Uni-Kleinbus und Privatwagen zunächst nach Bilzingsleben (Thüringen), wo Enrico Brühl M.A. die durch den Kreis Sömerda getragene und hergerichtete, berühmte Travertinfundstelle des späten Altpaläolithikums erläuterte (Abb. 01). Diese eher auf Touristen ausgerichtete Führung wurde dann später am Abend durch Prof. Dr. C. Pasda, Universität Jena, im Bunker-Magazin des Instituts um seine Ergebnisse der neuen Grabungen in Bilzingsleben ergänzt. Hier erläuterte Prof. Pasda auch einige wichtige Arbeitsweisen der Paläolithforschung und präsentierte zuletzt im eigentlichen Institutsgebäude noch die dortige Studiensammlung.Abb. 01: Enrico Brühl führte im Schutzbau den erhaltenen Teil des sog. Pasters der altpaläolithischen Travertinfundstelle Bilzingsleben in Thüringen vor.
© Foto: M. Baales
Mittelpaläolithikum und jüngere Geschichte
Am nächsten Morgen ging es von Jena aus nach Weimar, wo wir bei beginnendem Hochwasser der Ilm das dortige Archäologische Landesmuseum Thüringens besuchten. Dr. T. Schüler führte ausführlich durch die paläolithische und mesolithische Abteilung und präsentierte dabei den umfangreichen Fundstoff der Region. Vor allem die Weimarer Travertinfundstellen Taubach und Ehringsdorf des Mittelpaläolithikums standen dabei im Mittelpunkt. Doch auch für die Präsentation wichtiger jüngerer Fundkomplexe fand sich noch Zeit. Im Anschluss führte Dr. Schüler in einer Regenpause die Exkursion noch in den hergerichteten alten Steinbruchbetrieb Ehringsdorf (Abb. 02) mit dem sog. Forschungspfeiler, der jedoch aufgrund des immer üppiger werdenden Grüns kaum mehr zuerkennen war. Mit einem Blick in den angrenzenden, aktuell episodisch noch betriebenen Travertinbruch, in dem auch wieder neue Funde geborgen werden, besuchte die Exkursion zum Abschluss noch die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald, um so auch anschaulich Informationen über die unheilvollen Aspekte unserer jüngeren Geschichte (Nazi-KZ und sowjetisches Speziallager) zu erhalten.Abb. 02: Nach dem Besuch des Museums in Weimar zeigte Dr. Tim Schüler das hergerichtete Freigelände des ehemaligen Travertinsteinbruchs Ehringsdorf, wo vor Jahrzehnten schon zahlreiche Neandertalerreste gefunden worden waren.
© Foto: M. Baales
Berühmte Funden und Fundpräsentationen
Am Samstag führte der Weg von Jena nach Halle (Abb. 03), wo das dortige Landesmuseum für Archäologie mit seinen mittlerweile berühmten Funden und Fundpräsentationen auf die Gruppe wirkte. Neben den alt- und mittelpaläolithischen Fundkomplexen von Bilzingsleben und Neumark Nord 1 waren dies natürlich die Präsentationen z.B. der neolithischen „Beil- und Axtwand“, das Grab von Eulau und natürlich die Himmelsscheibe von Nebra.Abb. 03: Zumindest vor dem Landesmuseum in Halle war das Fotografieren erlaubt.
© Foto: A. Knäpper
Mittelpaläolithische Kiesgrubenfunde
Die Fahrt führte uns dann nach Norden in Richtung Magdeburg (wo wir auch übernachteten), um östlich der Stadt die dortige Außenstelle der Bodendenkmalpege Sachsen-Anhalts zu besuchen, wo der Leiter Prof. Dr. Tomas Weber seine Aufgabe erläuterte. Zudem präsentierte er mittelpaläolithische Kiesgrubenfunde der Umgebung, die z.T. erst kürzlich gefunden worden waren. Zum Abschluss führte er uns dann nach Norden zu einem Baggersee im Elbtal, wo durch Nassentkiesung immer wieder Feuersteinartefakte (und Bernstein) geborgen werden können. Einigen Exkursionsteilnehmern gelang es bei trockenem Wetter auf den frischen Überkornhalden den Fundstoff zu vermehren, wobei das aussagkräftigste Stück – ein flaches Keilmesser – passenderweise dem „außerplanmäßigen“ Paläolithiker des Instituts und Berichterstatter in die Hände fiel (Abb. 04).Abb. 04: Bis zu seiner Wiederentdeckung hatten nur Neandertaler dieses flache Keilmesser aus Baltischem Feuerstein in Händen gehalten, das beim Exkursionsbesuch einer Überkornhalde eines Kieswerkes im Elbtal nordöstlich Magdeburg zu Tage kam.
© Foto:M. Baales
Die ältesten Speere vom Übergang vom Alt- zum Mittelpaläolithikum
Auf der Rückfahrt nach Bochum passierten wir dann noch die bekannte paläolithische Fundstelle in Schöningen (Niedersachsen). In dem dortigen Braunkohlentagebau sind in den 1990er Jahren die berühmten ältesten Speere vom Übergang vom Alt- zum Mittelpaläolithikum vor etwa 300.000 Jahre geborgen worden. Der heutige Grabungsleiter Dr. J. Serangeli erläuterte ausführlich die einmaligen Fundsituationen im Tagebaubereich (Abb. 05) und die geplanten Arbeiten für die Zukunft. Leider war ein Besuch des neuen Museums „paläon“ nicht möglich, da die Eröffnung kurzfristig von Mai auf Ende Juni verschoben worden war. So mussten wir uns mit der Wirkung der futuristischen Fassade des neuen Gebäudes begnügen. Da noch etwa Zeit blieb, besuchten wir kurz vor der Rückfahrt noch die nahe gelegenen Lübbensteine westlich Helmstedt, zwei rekonstruierte spätneolithische Megalithgräber. Mit der trotz eines größeren Staus am Wiehengebirge ruhig verlaufenen Rückfahrt nach Bochum konnte diese Exkursion dann am späten Sonntagnachmittag beschlossen werden.Abb. 05: Vor der Restfläche des „Speerfundplatzes“ am Braunkohlentagebau Schöningen erläuterte der aktuelle Grabungsleiter Dr. Jordi Serangeli die Situation dieses berühmten mittelpleistozänen Fundortes.
© Foto: M. Baales