Exkursion nach Tunesien, 06.03.-20.03.2010
Libyen war das Ziel der großen Exkursion 2010. Insgesamt zwei Lehrveranstaltungen und umfangreiche Vorbereitungen, eine sorgfältige Erarbeitung einer Route und die Erfüllung der bürokratischen Bedingungen bis hin zur arabischen Übersetzung der Reisepässe wurden vorgenommen. Nach dem Wechsel von Professor Dr. Johannes Bergemann an die Universität Göttingen im Wintersemester 2009/10 war eine gemeinsame Exkursion von Bochumer und Göttinger Studierenden, unter der Leitung von Juniorprofessorin Dr. Bärbel Morstadt und Professor Dr. Johannes Bergemann, organisiert worden.
Abb. 01: Die Teilnehmer der Exkursion aus Göttingen und Bochum.
Kurzfristige Änderung der Reisepläne
In der vorlesungsfreien Zeit, vom 06.–20.03., sollte die Exkursion stattfinden. Kurz vor ihrem Beginn, die Koffer waren teils schon gepackt, setzte die libysche Regierung die Genehmigungen von Einreise-Visa aus und erklärte die bereits ausgestellten für ungültig. Nach zahlreichen Telefonaten und Erkundigungen wurde schließlich kurzerhand die Reise umgebucht: wir konnten die vorgesehene Anreise nach Djerba nutzen, um von dort aus nun statt einer Rundreise in Libyen eine in Tunesien durchzuführen. Da die geplanten organisatorischen und finanziellen Strukturen der Reise indes bestehen blieben, kamen wir in den Genuss eines komfortablen Reisebusses mit routiniertem Fahrer, einem erfahrenen Reiseleiter und teils sehr guten Hotels. Dank des Reiseleiters konnten wir noch unterwegs kurzfristige Streckenänderungen und Hotelumbuchungen vornehmen, und er erreichte aufgrund seiner persönlichen Verbindungen auch etwa die Öffnung von ansonsten geschlossenen Museen und nicht zugänglichen archäologischen Stätten, und stand uns stets in allen Dingen hilfreich zur Seite.Der Ablauf
Die Route führte uns zunächst von Djerba an der kargen Küste entlang gen Norden, in das fruchtbare Gebiet von Cap Bon und weiter nach Karthago. Dort verbrachten wir mehrere Tage. Dann wandten wir uns nach Westen in das tunesische Bergland und in Richtung der algerischen Grenze, schließlich die Stätten in südlicher Richtung besuchend. Den Rückweg nach Djerba nahmen wir aber nicht wieder entlang der westlich gelegenen Küste, sondern im Landesinneren über Gafsa am Rand der Wüste im Gebiet des großen Salzsees Schott el-Djerid. In Gafsa hatten wir so die Gelegenheit, auch die in einem kleinen Museum ausgestellten prähistorischen Funde der dortigen Umgebung zu betrachten. Behandelt wurden während der Exkursion zeitlich wie inhaltlich breite Bereiche: die Epochen der frühen Ansiedlung von Phöniziern, etwa in Karthago und Utica, die karthagische Kolonisierung und der Ausbau von Karthago zur bedeutenden Stadt, die Punisierung des Hinterlandes, die Romanisierung und der Fortbestand neopunischer Traditionen, die hohe römische Kaiserzeit und die Spätantike wie auch die Zeugnisse der Numider. Aus der Not eine Tugend machend wurden die Befunde und Funde vor Ort diskutiert und Ergebnisse erarbeitet, anstatt gut vorbereiteten Referaten zuzuhören. Am Beginn einer Besichtigung stand somit meist eine gewisse Zeit zur eigenen Orientierung zur Verfügung und/oder das gemeinsame Erklimmen des nächstgelegenen Hügels für einen besseren Überblick über das Gelände. Ein Treffen an zentraler Stelle diente dann dem Zusammentragen von Eindrücken, Erkenntnissen und Fragen. Daran schloss sich ein gemeinsamer Rundgang an. Methodisch wurden die Studierenden somit vor große Herausforderungen gestellt und in ihren Fähigkeiten geschult, neu Gesehenes mit bereits unterwegs Besprochenem wie auch im Studium längst Erlerntem unmittelbar zu verknüpfen.Die Identifizierung von Zeugnissen wechselseitiger kultureller Beeinflussungen
Berücksichtigung fanden dabei die geographische und naturräumliche Einordnung, Überlegungen zur etymologischen Herleitung von Ortsnamen, die urbanen wie architektonischen Strukturen, politische und wirtschaftliche Ausdrucksformen, kulturelle Entwicklungen, Eigenheiten und Veränderungen. Die Vielfalt der archäologischen Denkmäler reichte von Baustrukturen der verschiedenen Epochen (einfache Hausgrundrisse und ganze Stadtanlagen mit monumentalen Forumsbauten und Stadttoren, Nekropolen und Turmgräber, Teile des römischen Limes) über Ausstattungen von Orten und Bauten mit Bildwerken (Stelen, Mosaiken, Skulpturen) bis zur Wasserversorgung von Stätten, Marmorsteinbrüchen geradezu industrieller Ausbeutung und der Ladung von Schiffswracks als Ausdruck des organisierten Handels. Im Vordergrund stand die Identifizierung von Zeugnissen wechselseitiger kultureller Beeinflussungen und deren Schnittstelle, insbesondere zu fassen in der punischen Durchdringung des Hinterlandes bei zeitgleicher Präsentation politischer Ausdrucksformen der Numider und inszenierter freiwilliger wie oktroyierter Romanisierung.Die Route
06.03. Flug nach Djerba07.03. Gightis, Sfax
08.03. Mahdia, El Djem, Kairouan, Sousse
09.03. Zaghouan, Thuburbo Maius, Oudna
10.03. Hammamet, Nabeul, Kerkouan, Kelibia
11.03. Utica, Tunis
12.03. Karthago
13.03. Tunis, Bardo Museum
14.03. Ain Tounga, Musti (El Krib), Thugga, Touboursuk
15.03. Bulla Regia, Chemtou, El Kef
16.03. Haidra, Makhtar, Elles
17.03. Althibouros, Sbeitla
18.03. Casserine, Thelepte, Gafsa
19.03. Bir Oum Ali, Matmata, Zarzis
20.03. Rückflug von Djerba
Abb. 02: Route der Tunesien-Exkursion.