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Jordanienexkursion 09.10. bis 17.10.2017

Die Exkursion in das Haschemitische Königreich Jordanien richtete sich an die Studierenden der MA-Studiengänge Klassische Archäologie sowie Wirtschafts- und Rohstoffarchäologie und wurde in Kooperation mit dem Department for Cultural Resources Management and Conservation der University of Jordan in Amman / Jordanien unter der Leitung von Christof Berns, Fuad Hourani, Patric Kreuz, Anne Riedel und Ünsal Yalçın durchgeführt. Projekt und Exkursion wurden dadurch angeregt, dass Patric Kreuz als Gastdozent des DAAD an der University of Jordan lehrt. Die Finanzierung erfolgte im Rahmen des DAAD-Projektes "Cultural Resources Management in an International Perspective: Initiatives, Institutions & Experiences". Neben einer vorbereitenden Übung war die Exkursion mit dem Hauptseminar „Jordanien: Landschaften – Ressourcen – Kulturgeschichte“ modularisiert.
Das Anliegen des Projektes war es, den internationalen Austausch über den Umgang mit den Kulturellen Hinterlassenschaften zu fördern und einschlägige Ansätze kennenzulernen. Dazu wurden wechselseitige Studienreisen zu charakteristischen Orten des Kulturerbes in Jordanien und Deutschland unternommen. So besuchte die Gruppe aus Amman unter Leitung von Fuad Hourani und Fatma Marii sowie begleitet von Patric Kreuz u. a. die Labore des DBM, den Archäologischen Park Xanten, das Neanderthal-Museum, die Kölner Bodendenkmalpflege oder die Labore des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz. Die Bochumer Gruppe setzte sich in Jordanien mit verschiedenen Aspekten der Kulturgeschichte sowie der Erforschung, Konservierung und touristischen Erschließung zentraler kultureller Stätten des Landes auseinander. Dabei hat die Teilnahme von Kolleginnen und Kollegen sowie Studierenden aus Amman an der Exkursion zu einem fruchtbaren Dialog geführt.
Faynan

Der erste Teil der Bochumer Exkursion konzentrierte sich auf Amman, wo die Gruppe in den Gästezimmern des American Center for Oriental Research Unterkunft fand. Direkt zu Beginn unserer Reise wurden wir im Archäologischen Museum der University of Jordan von verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der Faculty of Archaeology and Tourism und des Departments of Cultural Resources Management der Universität sowie Studierenden und der Leiterin des DAAD Information Center in Jordanien empfangen. Gestärkt mit Tee, Kaffee und jordanischen mezze konnten wir uns während unserer Besichtigung der Zitadelle einen guten Eindruck über die Topographie der Stadt auf den sieben Hügeln verschaffen und einen Teil der Stadtgeschichte und -entwicklung besprechen. Beim darauffolgenden Besuch der modernen Downtown standen die antiken Gebäude wie beispielsweise das Theater insbesondere hinsichtlich ihrer Einbindung und Nutzung für die heute dort lebenden Menschen im Fokus, sodass wir diese stadtplanerischen Herausforderungen diskutierten.

University

Am nächsten Tag wurden wir im Department of Antiquities empfangen, wo wir einen Einblick in die Strukturen und Arbeitsweisen der jordanischen Antikenverwaltung gewinnen konnten. Die einzelnen Schritte und Arbeitsfelder wurden uns dankenswerterweise direkt von den jeweiligen Bearbeiterinnen und Bearbeitern vorgestellt. Danach besuchten wir das erst seit 2014 in Teilen eröffnete Jordan Museum und wurden dort durch die Ausstellung geführt. Im Anschluss nahm sich noch der Direktor des Museums Zeit, uns das Konzept des Hauses vorzustellen und über die weiteren Planungen zu berichten. Nach diesem Überblick über die Geschichte des Landes führte uns der Weg hinaus aus der Stadt zum umayyadischen Wüstenschloss Qasr Mshatta, dessen Fassade heute in Teilen im Berliner Pergamonmuseum zu besichtigen ist. Ein vom Deutschen Evangelischen Institut für die Altertumskunde des Heiligen Lands in Amman für die deutsche Gruppe ausgerichteter Abendempfang bot abschließend die Gelegenheit, diese einzige in Jordanien etablierte deutsche archäologische Institution kennenzulernen und sich mit ihrer Leiterin auszutauschen.
Das Phänomen der sog. Wüstenschlösser aus frühislamischer Zeit beschäftigte uns auch am folgenden Tag, an dem wir zum Qasr Kharaneh und Qasr Amra fuhren. In letzterem gaben uns die beiden Restauratorinnen des italienischen Teams vor Ort einen Einblick in ihre Arbeiten und erläuterten uns anschaulich die Probleme der Erhaltung und die Methoden der Konservierung der reichen Wandmalereien.
 

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Danach führte uns die Reise in den Norden des Landes, wo wir die aus Basalt gebaute Stadt Umm al Jimal besuchten. Insbesondere die byzantinische Stadtbebauung ist sehr gut erhalten und vermittelt einen lebendigen Eindruck vom Leben in dieser Stadt. Dass dieses Leben mit den ursprünglichen Bewohnerinnen und Bewohnern nicht ausgestorben ist, bewies uns der seit über 20 Jahren dort tätige Forscher Bert de Vries. Neben seinen Ausgrabungs- und Konservierungstätigkeiten legt er ein besonderes Augenmerk auf die community archaeology und berichtete uns, wie er die Bewohnerinnen und Bewohner der modernen Stadt auf unterschiedlichste Arten in seine Projekte einbezieht und so den Erhalt der Stätte für die Zukunft fördert.
Am nächsten Tag verließen wir unsere Unterkunft in Amman und wurden von da an von vier Studentinnen aus dem Studiengang Cultural Resources Management der Universität Amman begleitet. Der Tag stand im Zeichen der Dekapolisstädte, von denen wir Gerasa und Gadara besuchten. Neben den antiken Stätten selbst mit ihren monumentalen Bauprogrammen standen auch ihre touristische Erschließung und das jeweilige Site Management im Fokus unserer Betrachtung, sodass wir die unterschiedlichen fachlichen Ausrichtungen der Studierenden aus Amman und Bochum zusammenführen und diskutieren konnten.
 

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Nach der Übernachtung in einer EcoLodge im Jordantal bildete die geologische Geschichte Jordaniens den Ausgangspunkt für unseren nächsten Tag, an dem wir das Jordantal durchquerten und die vielfältigen Facetten der Landschaft auf unserer Reise in den Süden des Landes erlebten. Die naturräumlichen Veränderungen des Paläolithikums wurden für uns insbesondere am heute ausgetrockneten Lisan-See zwischen dem See Genezareth und dem Toten Meer greifbar, wo wir eine epipaläolithische Siedlung aus dem Natufien aufsuchten. Am Tell Deir Alla wurden wir im Grabungshaus empfangen und erhielten Einblick in die Forschungen der letzten Jahrzehnte der Universitäten aus Leiden und Irbid.
Einen Höhepunkt unserer Reise bildete am nächsten Tag der Besuch Petras. Auch hier hatten wir das Glück von einer Konservatorin begleitet zu werden, die uns auf verschiedene Maßnahmen aufmerksam machte und mit der wir über den Erhalt und die touristische Erschließung der eindrucksvollen Stätte diskutieren konnten. Danach führte uns die Reise ins nahe gelegene Wadi Rum, eine Wüstenlandschaft, die, UNESCO Weltkultur- und naturerbe, unter anderem durch den Aufenthalt von Lawrence von Arabien Berühmtheit erlangte. Die Übernachtung in einem von Beduinen geführten Camp und ein nächtlicher Kamelritt in die Wüste bildeten einen starken Kontrast zu den Erlebnissen in der Metropole Amman.

Am letzten Tag der Exkursion stand zunächst das Wadi Feynan auf dem Programm, wo wir mit Pickups unterschiedliche Stätten dieses wichtigen Kupferreviers aufsuchten. Den Abschluss unserer Reise bildete ein Besuch des hellenistischen Iraq al-Amirs bzw. des dortigen palastartigen Baus eines jüdischen Priestergeschlechts, der inmitten einer fruchtbaren Ebene in etwa 25 km Entfernung von Amman liegt.
 

Petra

Insgesamt hat uns die Exkursion einen guten Einblick in die Herausforderungen, die das reiche kulturelle Erbe Jordaniens unter den Rahmenbedingungen eines Schwellenlandes darstellt, vermittelt. Insbesondere wurde uns aus unterschiedlichen Perspektiven immer wieder vor Augen geführt, wie bedeutsam die Einbindung der aktuellen Bewohnerinnen und Bewohner in die Entwicklung von Denkmalstätten ist. Nicht zuletzt ließen sich Verbindungen zu Kolleginnen und Kollegen sowie Studierenden in Jordanien stärken, die ein guter Anknüpfungspunkt für einen künftig intensiveren wissenschaftlichen Austausch zwischen Amman und Bochum sein werden.