Forschung
Prof. Dr. Sandra Maß
Globale Familiengeschichte: Die Kaundinyas zwischen protestantischer Mission und europäischem Kolonialismus, 1850-1945.
Die Untersuchung der deutsch-indisch-britischen Familie Kaundinya im Zeitraum zwischen 1850 und 1945 verbindet die Geschichte der protestantischen Mission mit dem europäischen Kolonialismus und trägt zum wachsenden Feld der globalen Familiengeschichte bei. Die Überlieferung der umfangreichen Briefkorrespondenz von Frauen, Männern und Kindern aus drei Generationen erlaubt es, die Konstruktionsmodi einer transimperial lebenden Familie zu rekonstruieren, ihre sich wandelnden ethnischen Zugehörigkeiten sichtbar zu machen und ihre Geschichte bis in den Nationalsozialismus zu verfolgen.
gefördert durch die DFG (2020-2022), BearbeiterInnen: Sandra Maß/Johanna Mues
Clio Contaminated? Geschichtswissenschaft im Anthropozän.
Ein neues und produktives Schlagwort ist geboren, das aktuell zu einer beträchtlichen Debatte in Anthropologie, Archäologie, Geschichte, Geographie und Geologie führt: das Anthropozän. Die Tragweite dessen, was in dieser Debatte auf dem Spiel steht, manifestiert sich in einer scheinbar völligen Umkehrung der Annahmen über die Bedeutung des menschlichen Akteurs. Während in der Geologie der Mensch zum ersten Mal als epochale Kraft dargestellt wird, rücken in der Geschichtswissenschaft erstmals unbelebte Objekte und Tiere in den Vordergrund.
Das Projekt „Clio Contaminated?“ versteht sich als eine interdisziplinäre Suchbewegung. Sie nimmt die anfängliche Irritation über die Infragestellung der Grenzen zwischen den natur- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen zum Ausgangspunkt für eine weitere Untersuchung über die Zukunft einer interdisziplinären Geschichtswissenschaft. Das Vorhaben verfolgt die Idee einer Geschichtswissenschaft, die die Polyphonie der Geschichte ernstnimmt, indem sie Geschichten sucht, in denen Mosaiken, Texturen und Kontaminationen sichtbar werden. Der Begriff der Kontamination bezieht sich sowohl auf den potentiellen ‚Mehrwert‘ interdisziplinärer Ansätze als auch auf den analytischen Bezugsrahmen. Vorgesehen ist keineswegs eine ‚neue Avantgarde‘ oder eine modifizierte Umweltgeschichte, sondern eine Geschichtswissenschaft, die Ereignisketten mit unterschiedlicher Skalierung, mit polyfokalen Perspektiven und verschiedenen Untersuchungseinheiten (Menschen, Artefakte, Natur, Ressourcen) in einen historischen Gesamtkontext stellt.
gefördert von der Volkswagenstiftung "Originalitätsverdacht" (2021-2022)