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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Rede_U_Schroeder Redebeitrag von Uli Schröder Skandinavistik-Abwicklung
Liebe
Freundinnen und Freunde unseres Faches! Zunächst
einmal möchte ich mich herzlich bei den amtierenden Mitgliedern des
Fachschaftsrats Skandinavistik bedanken, die mich vorgeschlagen haben, um
für die Studierenden zu sprechen. Dies tue ich sehr gern – zumal es mir
immer ein wichtiges Anliegen war, mich auch nach dem Examen neben meiner
Promotion weiterhin für den Erhalt unseres Faches an der Ruhr-Universität
einzusetzen. Ein durchaus emotionaler Beweggrund hierfür sei besonders
hervorgehoben – ich denke, ich spreche im Namen der allermeisten
Studierenden der Bochumer Skandinavistik, wenn ich sage: Wir haben ein
Fach studiert, an dem unser Herz hing. Dazu hat für mich persönlich ganz
am Anfang meines Studiums ein ganz besonderer Mensch beigetragen: Meine, unsere Schwedisch-Lektorin Elisabeth
Schloemann. Sie hat vielen Studierenden das Herz geöffnet für ein
Land, das über Jahrzehnte oftmals als politisches und kulturelles Vorbild
bezeichnet wurde, und dessen wohlklingende Sprache die meisten von uns nun
ein Leben lang begleiten wird. Dafür, daß Du viele von uns auf diesen
Weg gebracht hast, möchte ich ganz einfach sagen: Tack, kära Elisabeth!
Außerdem will ich im Namen der Fachschaft – stellvertretend für alle
Lehrenden unserer Sektion – auch Nicola
Jordan ein herzliches Dankeschön sagen, die zumindest das
Schwedisch-Angebot an der Ruhr-Universität hoffentlich noch lange fortführen
wird! Gerade
in Zeiten von Europäisierung und Globalisierung ist die kulturelle
Identitätsstiftung, die gerade von geisteswissenschaftlichen Fächern mit
internationalem Profil ausgehen kann, immens wichtig – ja geradezu
unabdingbar. So stellte unsere – gar nicht mal so kleine – Bochumer
Skandinavistik mit nur einer Professur eine unglaublich starke kulturelle
Brücke zum nördlichen Teil Europas dar: Hierzu beigetragen haben jährliche
Exkursionen, ein sehr vitales Sprachaustauschprojekt mit der Universität
Göteborg, Austauschprogramme mit Hochschulen in Schweden und Dänemark;
einen wichtigen Beitrag hierzu haben außerdem zahlreiche Gastvorträge
skandinavischer Autorinnen und Autoren sowie nicht zuletzt die mit
zeitweise über 200 Teilnehmenden mehr als gut besuchten Sprachkurse
insbesondere im Bereich Schwedisch, aber auch in Norwegisch und Dänisch
geleistet. Nicht zu vergessen ist der Multiplikatoreneffekt in der
Sprachausbildung: Jene Studierenden, die bis zum jetzigen Zeitpunkt noch
die Möglichkeit haben, an einer Ruhrgebietsuniversität weiterführende
Sprachkurse zu besuchen, werden in den nächsten Jahren diejenigen sein,
die an Volkshochschulen und privaten Sprachschulen dieses Wissen an
Menschen aus der Ruhrregion weitergeben
können. Entfiele auch die Sprachausbildung an dem bislang einzigen
universitären Standort der Skandinavistik im Ruhrgebiet, nach Paris und
London immerhin dem drittgrößten Ballungsraum der EU, gänzlich, so würde
es in unserer Region bald auch immer weniger Dozenten für eine breiteren
Sprachvermittlung geben. Auf das Ende des Faches vor Ort würde ein
Sprachkurssterben folgen. Doch zumindest diese Hoffnung bleibt, daß sich
die Verantwortlichen an der Ruhr-Uni eines besseren besinnen und zumindest
für den Erhalt des status quo
im Bereich des Sprachenangebots an dieser Universität sorgen – und dies
nicht etwa nur auf Lehrauftragsbasis, was angesichts der hohen
Teilnehmerzahlen in unseren Kursen völlig unverhältnismäßig wäre.
Nicht zuletzt eingedenk der Tatsache, daß die Bochumer Skandinavistik
noch in diesem Jahr mit einem universitätsinternen Preis für einen
vorbildlichen Internet-Auftritt im Bereich E-learning,
Schwedisch, ausgezeichnet wurde, möchte ich also die dringende Bitte an
die Verantwortlichen des Dekanats und des Germanistischen Instituts
richten, darauf hinzuwirken, zumindest das Schwedisch-Angebot an der
Ruhr-Universität in vollem Umfang zu erhalten. Was
engagierte Studierende eines abgewickelten Faches an der Ruhr-Uni auf
ihren weiteren Lebensweg mitnehmen, ist neben einem hoffentlich zuletzt
noch erworbenen akademischen Titel viel Erfahrung, ja fast schon Routine
im Umgang mit – zumeist hochschulpolitischen – Institutionen in einer
sich wandelnden Gesellschaft; einer Gesellschaft, welche die Spielräume für
politische Teilhabe und aktive Mitgestaltung tendenziell immer weiter
einschränkt. Zweimal haben die Studierenden und insbesondere deren gewählte
VertreterInnen im äußerst aktiven Fachschaftsrat Skandinavistik den
Versuch einer Neubesetzung unserer Professur in den 90er Jahren kritisch,
aber stets konstruktiv begleitet. Das Ergebnis ist bekannt – die von den
Studierenden favorisierte Kandidatin versicherte uns, fortan mit voller
Arbeitskraft zum dauerhaften Erhalt des Faches in Bochum beitragen zu
wollen, um dann schon im Jahr darauf an die Uni Münster auf einen besser
dotierten Lehrstuhl weiterzuziehen. Erst
mit Frau Professor Else Ebel, die nach jenem turbulenten Vorlauf
ausnahmsweise hausintern berufen werden konnte, erhielten die Bochumer
Studierenden endlich wieder eine verläßliche Ansprechpartnerin, die für
alles und jedes ein offenes Ohr hatte und jeden einzelnen immer wieder zu
motivieren suchte, den jeweils angestrebten akademischen Abschluß zu
erlangen. Dafür gebührt Ihnen, Frau Professor Ebel, unser herzlicher
Dank! Ich hoffe natürlich außerdem, daß auch die allermeisten der
gegenwärtig noch 17 Studierenden, die noch auf ihren Abschluß
hinarbeiten, im kommenden Jahr ans Ziel gelangen werden, damit am Ende möglichst
niemand mit leeren Händen dasteht. Unsere
Abschlußzahlen waren im Vergleich zu den Statistiken der allermeisten
anderen bundesweit rund ein Dutzend Skandinavistik-Standorte in den
letzten Jahren vorbildlich, und mit einer Auslastungsquote von 138 %
im Wintersemester 2000/2001 sowie insgesamt über 200 eingeschriebenen
Studierenden im Magister-Haupt- und Nebenfach konnte sich unsere Sektion
auch an der Ruhr-Universität mit anderen Geisteswissenschaften durchaus
messen. Dennoch sollte das neue Jahrtausend die letzten Jahre der Bochumer
Skandinavistik einleiten: "Monoprofessorale Fächer" seien
"nicht zukunftsfähig", hieß die neue Effizienz-Doktrin des
Wissenschaftsministeriums NRW, und im Zuge des sogenannten 'Qualitätspakts'
sollten ab 1999 allein an der Ruhr-Uni über 200 wissenschaftliche Stellen
eingespart werden – darunter unsere Professur. Als es Anfang des
Sommersemesters 2001 ernst wurde, haben wir uns dann nochmal so richtig
ins Zeug gelegt: Die dänische, schwedische und norwegische Botschaft
wurde um Unterstützung gebeten, um unser im Ruhrgebiet einmaliges Fach zu
erhalten, und selbst vor dem dänischen Königshaus schreckten wir nicht
zurück... Sämtliche skandinavischen Firmen in der Rhein-Ruhr-Region,
deren Fax-Nummer wir irgendwie ausfindig machen konnten, wurden angefunkt,
und auch die in Bochum gewählten Landtagsabgeordneten konnten sicher
sein, Post von uns zu erhalten. Es kam sogar zu einer Mini-Demo vor dem
Landtag und einem Bericht im WDR-Fernsehen. Doch bekanntlich vergebens: Während
unsere zahlreichen Versuche, eine politisch-ökonomische Lobby für unser
Anliegen aufzubauen, kaum auf Resonanz stießen, erwiesen sich die
VertreterInnen des gebetsmühlenartig wiederholten Arguments,
EinprofessorInnenfächer seien eben nicht zukunftsfähig, als extrem aufklärungsresistent:
Sie folgten der Argumentation einer externen Evaluierung, laut welcher
eine Skandinavistik in Bochum für überflüssig gehalten wurde. Aber kann
es, darf es denn wirklich angehen, daß geisteswissenschaftliche Fächer
ohne eine hinreichende Lobby langfristig kaum eine Überlebenschance zu
haben scheinen? Darf es sein, daß studentisches Engagement, das Fehlen
einer solchen politisch-ökonomischen Lobby zu kompensieren, völlig ins
Leere läuft? Ich frage mich: Wo ist die hochschulpolitische, wo ist die
menschliche Vision, die so etwas verhindern könnte – wo
ist die Vision? Auch
innovativen Konzepten einer zusätzlichen Juniorprofessur – etwa
getragen von einer investitionsfreudigen Stiftung – wurden selbst
uni-intern keine Chancen eingeräumt und unser Fach damit endgültig zur
Abwicklung freigegeben. Stattdessen sollten andernorts Synergieeffekte
geschaffen werden – von Fächerkonzentration an zentralen Standorten war
immer wieder die Rede. Doch was, bitte schön, ist in NRW hiervon zu
sehen? Wo sind die blühenden Hochschullandschaften in kleinen Fächern
wie dem unseren? Nichts davon ist zu erahnen – selbst an einem einst
hochgelobten Skandinavistik-Standort wie Münster nicht, wo die
verbliebenen Bochumer Studierenden vor einigen Semestern hin verwiesen
wurden, um im Falle einer vorgezogenen Abwicklung ihren Abschluß zu
erlangen. So weit mir bekannt, ist übrigens niemand diesem Rat gefolgt.
Auch
die Sammlung von über 400 Solidaritätsunterschriften Studierender konnte
jedoch nichts mehr an der grundsätzlichen Abwicklungsentscheidung ändern.
Um wenigstens die bestehende Professur in der Fakultät für Philologie zu
halten und ein anderes kleines Fach zu stärken, wurde unser Lehrstuhl
darauf bekanntlich in eine Komparatistik-Stelle umgewidmet. In diesem
Zusammenhang möchte ich übrigens ausdrücklich Frau
Professor Schmitz-Emans danken, die sich im Laufe dieses Verfahrens
uns gegenüber stets äußerst fair verhalten und sich nicht darauf
eingelassen hat, kleine Fächer auch noch gegeneinander ausspielen zu
lassen. Ich hoffe sehr, daß zumindest die Komparatistik in Bochum nunmehr
dauerhaft gesichert ist. Unser eigenes Fach schien zunächst wenigstens bis zum Wintersemester
2007/08 erhalten zu bleiben – per ministerieller Rechtsverordnung war
ursprünglich vorgesehen, die Skandinavistik 'erst' in zwei Jahren endgültig
abzuwickeln, um allen Eingeschriebenen die realistische Chance zu geben,
einen Magisterabschluß innerhalb der Regelstudienzeit zu erlangen. Als
jedoch auch hieran gerüttelt werden sollte und eine Einstellung des
Lehrbetriebs bereits zum Ende des Sommersemesters 2004 angestrebt wurde,
gingen die protesterprobten Studierenden noch einmal auf die Barrikaden:
Wieder wurden Unterschriften gesammelt – diesmal unter den noch
Eingeschriebenen des Faches – sämtliche Campus-Medien berichteten,
Gespräche im Dekanat, Rektorat und beim für die Ruhr-Universität zuständigen
Referenten im Düsseldorfer Wissenschaftsministerium wurden geführt.
Zumindest in dieser Sache waren wir noch einmal erfolgreich, so daß wir
uns erst heute, anderthalb Jahre später als von den Verantwortlichen
zuletzt angedacht, hier versammeln, um nach sage und schreibe 80
Dienstsemestern seit April 1966 an
der Ruhr-Universität Bochum Frau
Professor Ebel zu verabschieden und zugleich unser Fach... Was bleibt, ist, abschließend die Hoffnung zu formulieren, daß eines
Tages neues Leben aus jenen Keimen sprießen möge, die – nicht zuletzt
Dank Ihres unermüdlichen
Wirkens – gesät sind: Immerhin fünf Promotionsverfahren laufen derzeit
noch an der Bochumer Sektion Skandinavistik, und es bleibt die Aussicht,
daß der oder die eine oder andere Doktorandin irgendwann einmal dazu wird
beitragen können, unser Fach im Ruhrgebiet wiedererstehen zu lassen. Diese
Vision jedenfalls werde ich persönlich auf meinen weiteren Weg
mitnehmen, wissenschaftlich wie hochschulpolitisch, und ich appelliere an
Sie und Euch alle, niemals zu vergessen, daß eine andere Hochschulwelt möglich
ist – mit weniger dogmatischem Effizienzstreben, mehr Solidarität und
einer breiten Vielfalt der Fächer. Abschließend möchte ich im Namen der Fachschaft noch einmal allen derzeitigen und ehemaligen Lehrenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Sektion für ihr unermüdliches Engagement danken. Ihnen, Frau Professor Ebel möchten wir nun als Dankeschön für alles, was Sie für uns und das Fach getan haben, noch eine Kleinigkeit mit auf den Weg geben. Ich bedanke mich herzlich für Ihre und Eure Aufmerksamkeit. |