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Kontinuierliche Fertigung von dünnwandigen faserverstärkten Präzisions-Betonelementen für freigeformte Modulbauweisen - KoBeMo

Antragsteller

Prof. Dr.-Ing. habil. Sandra Gelbrich Technische Universität Chemnitz, Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung

Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. h. c. Dr. h. c. Prof. Lothar Kroll Technische Universität Chemnitz, Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung

Bearbeiter

Dipl.-Ing. Marco Lindner Technische Universität Chemnitz, Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung

Dipl.-Ing. Henrik Funke Technische Universität Chemnitz, Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung

Ronny Scharf; Hilfswissenschaftler; Technische Universität Chemnitz, Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung

Projektbeschreibung

Ziel dieses Projektes ist die grundlegende Untersuchung der Interaktionen von Prozess- und Materialparametern einer neuen Fließstrecke zur kontinuierlichen Präzisionsfertigung von modularen Elementen mit integrierter berührungsloser Messtechnik zur Qualitätssicherung und Prozessteuerung. Die einfach und doppelt gekrümmten Grundmodule bestehen aus dünnwandigem faserverstärkten Beton mit Stützstruktur und darin integrierten kraftflussgerechten Verankerungselementen (Inserts), die für die spätere Befestigung am Bauwerk notwendig sind. Konstruktionsmethode und Leichtbauweise dieser hochbelastbaren freigeformten Strukturbauteile sind neuartig und basieren auf den erzielten Forschungsergebnissen der letzten Jahre (Abb. 1). Die Fertigung erfolgt in einem robotergestützten Fließfertigungsprozess mit Hilfe von Betonspritz- und Extrusionstechnologien in Kombination mit einer integrierten optischen Präzisionsmesstechnik. Dazu sind insbesondere die roboterdedizierten Einzelbaustufen zu konzipieren und zu erweitern. Der neu installierte Fertigungskomplex zur präzisen Herstellung der Grundmodule mit integrierter Qualitätssicherung soll um Schnittstellen für das Datenmanagement sowie die später geplanten cyber-physischen Systeme erweitert werden. Die parameterabhängige Vereinbarkeit der einzelnen Teilprozesse wird durch Ermittlung prozess- und materialspezifischer Kennwerte, ihrer Wechselwirkungen und Kennwert-Effekt-Korrelationen durchleuchtet, um eine digitale Gesamtrepräsentation zu erzeugen. Mittels Künstlicher Intelligenz (KI) und „Gene Expression Programming with Free Coefficients“ (GEP-FC) werden diese komplexen Wechselwirkungen untersucht und modelliert. Auf dieser Grundlage werden die vielschichtigen Rückkopplungen zwischen Strukturmerkmalen und Verarbeitungskenngrößen besser verstanden. So können für den zukünftigen Präzisionsschnellbau die Grundlagen zur intelligenten Verknüpfung von CAD, Roboter-, Fertigungs-, Mess- und Regelungstechnik geschaffen werden, um die komplette Prozesskette vom Entwurf bis hin zum fertigen Produkt digital abzubilden und praktisch umzusetzen. Zudem werden grundsätzliche Untersuchungen der emissions- und kostenbestimmenden Prozessbedingungen, wie etwa Schalungs-, Maschinen-, Material- und Energiebedarf, durchgeführt, um die Nachhaltigkeit der modularen Strukturbauteile einschätzen zu können. Durch die Nutzung prozessaffiner, skalierbarer Grundmodule als Basis für individuelle Großstrukturen folgt das angestrebte Modulsystem dem definierten Prinzip „Individualität im Großen – Ähnlichkeit im Kleinen“. Innerhalb der Forschungsfließstrecke werden skalierbare Elemente in Sichtbetonqualität gefertigt. Zielkriterien sind Fertigungszeiten bis maximal 15 min, Elementflächen von 2,5 m x 1,0 m, Einzelgewichte bis etwa 200 kg und Toleranzen im mm-Bereich.

Poster zu den Projektinhalten

Abbildung 1: Roboterarena der TU Chemnitz
Abbildung 1: Roboterarena der TU Chemnitz

Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Schwerpunkte der ersten Projektphase lagen auf der grundlegenden Untersuchung der Interaktionen von Prozess- und Materialparametern einer neuen Fließstrecke zur kontinuierlichen Präzisionsfertigung von modularen Elementen mit integrierter Messtechnik zur Qualitätssicherung und der Vorbereitung eines digitalen Zwillings. Die Entwicklung wurde am Anwendungsbeispiel eines doppelt gekrümmten Fassadenmoduls, bestehend aus dünnwandigem faserverstärktem Beton mit Stützstruktur und darin integrierten kraftflussgerechten Verankerungselementen durchgeführt. Die Fertigung erfolgte mittels eines robotergestützten Fließfertigungsprozesses aus Betonspritzverfahren und Extrusionstechnologie in Kombination mit einem Integrationswerkzeug für Verankerungs-elemente und 3D-Messsysteme (Soll-Ist-Vergleich).

Der neu installierte Fertigungskomplex wurde um Schnittstellen für das Datenmanagement und somit um eine prozessübergreifente Simulationen für die Frischbetonverarbeitung erweitert. Die parameterabhängige Vereinbarkeit der einzelnen Teilprozesse wurde durch Ermittlung prozess- und materialspezifischer Kennwerte, ihrer Wechselwirkungen und Kennwert-Effekt-Korrelationen zueinander geprüft und eingehend untersucht, um eine digitale Repräsentation (Erweiterungstool für RHINO-Programmierung) zu erhalten.
Insbesondere zur Konzipierung und Erweiterung der roboterdedizierten Einzelbaustufen wurde ein neuartiges Düsenwerkzeug entwickelt, mit dem durch gesteuertes Zuschalten von Druckluft ein Sprühnebel (Betonspritzen) generiert und zusätzlich Rovings zur Bewehrung in die Betonlayer konzentrisch eingebettet werden können. Die entwickelte Feinbetonmischung wurde derart aufgebaut, dass ein spritzfähiger und extrudierbarer Materialaustrag mit definierten Frischbetoneigenschaften über den Verarbeitungsprozess hinweg sichergestellt werden kann. Im Ergebnis können mit der Spritz-Extrusions-Multitooldüse mehrere Prozessschritte (Sprühen, Extrudieren und endlose Faserbewehrung) ohne Werkzeug- und Positionswechsel des Bauteils in einem automatisierten Prozess umgesetzt werden. Hierbei ergeben sich Vorteile für den Anwender bezüglich zu erwartender Prozesszeiten, Investitionskosten, Rüst- und Wartungskosten sowie dem Entfall von Transportwegen und -zeiten zu mehreren Fertigungsstationen.
Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Entwicklung von Krafteinleitungselementen und deren Integration in die Betonmatrix durch automatisierbare Fügetechnologien im Fließfertigungsprozess.
Die Erprobung der Inserts erfolgte mittels Gegenüberstellung der Ergebnisse von Auszugsversuchen im Variantenvergleich. Nach der Festlegung der Vorzugsvariante wurde mit dieser eine Integrationsvorrichtung für einen prozessintegrierten Roboterarm umgesetzt und getestet.
Zur Qualitätskontrolle und Prozessüberwachung ist eine Messdatenerfassung zwingend erforderlich. Neben der präzisen Bestimmung der Außenkontur des Bauteils lag der Fokus auf der Erfassung der Lage sowie Ausrichtung (Form- und Lagetoleranz) der Krafteinleitungselemente. Im Ergebnis wurde ein optisches 3D - Messverfahren gewählt, das über mehrere Kamerasysteme ein dreidimensionales Modell erzeugt und anschließend mittels Softwaretool einen Soll-Ist-Vergleich unter Beachtung des Toleranzfeldes ausführt. Somit können Schäden und Fehlstellen rechtzeitig vor Montage der Elemente erfasst werden.
Zudem wurden grundsätzliche Untersuchungen der emissions- und kostenbestimmenden Prozessbedingungen, wie etwa Schalungs-, Maschinen-, Material- und Energiebedarf durchgeführt, um die Nachhaltigkeit der modularen Strukturbauteile einzuschätzen. Durch die Nutzung prozessaffiner, skalierbarer Grundmodule als Basis für individuelle Großstrukturen folgt das angestrebte Modulsystem dem definierten Prinzip „Individualität im Großen – Ähnlichkeit im Kleinen“.
Zusammenfassend können mit dem entwickelten Fertigungsprozess und diversen Integrationen individuelle, leichtbaugerechte Strukturbauteile im Betonfertigteilbau umgesetzt werden. Das führt nicht zuletzt zur signifikanten Reduzierung von Rohstoffen, Energie sowie Prozesszeiten und Transportkosten.

VDBUM-Förderpreis


Veröffentlichungen

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Additiv gefertigte Betonfertigteilelemente mit faserbasierter Bewehrung
DGM 23. Symposium Verbundwerkstoffe und Werkstoffverbunde
Datum / Ort: 20. 22. Juli / Leoben & Online

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Additiv gefertigte Leichtbaustrukturen mit Beton und Faserbewehrung
17. Chemnitzer Textiltechnik Tagung (CTT)
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Tite1:Tool development for robot assisted flow production processes for the fabrication of thin walled fibre reinforced concrete elements
Titel 2: Combined additive manufacturing technology for continuous production of precision concrete elements for modular construction

14. fib phd Symposium (2 Vorträge)
Datum / Ort: 05. 07. September / Rom

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Additiv gefertigte Betonelemente mit faserbasierter Bewehrung
MSE Materials Science and Engineering
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[1] Lindner, M.; Mandel, K.; Gelbrich, S.; Funke, H.; Kroll, L.:
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In: BetonWerk International Nr. 1, 2021, S. 28-29, ISSN 1437-9023.
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