NACH OBEN

Toleranzfreie Serienfertigung von Hochleistungsbetonbauteilen durch transient-interaktive Kopplung von Entwurf und Produktion

Antragsteller

Prof. Dr.-Ing. Peter Mark, Lehrstuhl für Massivbau, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr.-Ing. Gisela Lanza, Institut für Produktionstechnik, Karlsruher Institut für Technologie

Wissenschaftliche Mitarbeiter

Alex Frey M.Sc., Institut für Produktionstechnik, Karlsruher Institut für Technologie
Jan Stindt M.Sc., Lehrstuhl für Massivbau, Ruhr-Universität Bochum

Beschreibung des Projekts

Tragwerksentwurf und Produktion modularer Betonstrukturen erfolgen bislang zeitlich nacheinander und sachlich getrennt.  Bei modularen Bauweisen aus vielen hundert Modulen, Genauigkeitsansprüchen bis in den Submillimeterbereich, „Just-in-time“-Produktion und einem Schnellbau, bei dem exakt jedes einzelne Modul zeit- und passgenau gebraucht wird, ist ein abschnittsweise getrenntes Denken aussichtslos. Die Bereiche Entwurf, Produktion und Bauprozess müssen daher zu einer Einheit mit „Null-Fehler-Anspruch“ (6σ) entwickelt werden. In der ersten Förderperiode wurde die Schwindreduktion durch Wärmebehandlung und die selektive Montage bei stochastischer Geometrieabweichung erforscht. In der zweiten Förderperiode wird der Fokus auf statisch-unbestimmte Systeme mit allgemeinen Modulformen gelegt, bei denen die Produktionssteuerung und Prozessregelung kontinuierlich unter Einsatz von Reinforcement Learning erfolgt. Ziel ist es, ganzheitliche virtuelle und reale Demonstratoren im 1:1 Maßstab umzusetzen.

Hierfür soll zunächst der Einfluss einer rapiden Wärmebehandlung zwischen 2 und 6 h bei 80°C und 60 % rel. Luftfeuchte auf das lastabhängige Kriechen von hochfestem Beton untersucht werden. Schwerpunktmäßig soll dabei der Kurzzeitbereich von der Produktion bis zur Modulmontage von etwa 30 Tagen betrachtet werden. Funktional aufbereitet fließt das lastabhängige Kriechen neben den evaluierten Schwindverformungen in die Optimierung der Modulanordnung. Die betrachteten Module werden zu viereckigen Scheiben verallgemeinert, deren Position innerhalb von Wandscheiben mithilfe einer Platzierungsheuristik optimiert wird, um geometrische Abweichungen in den Kontaktknoten zu minimieren. Mithilfe einer weitere Metaheuristik wird der aktuelle Bauzustand analysiert, um die benötigten Module in Hinblick auf die Tragfähigkeit und den erforderlichen Abmessungen für die weitere Produktion vorzugeben. Schnittgrößenumlagerungen infolge Kriechen, Schwinden sowie Rissbildung werden transient für die Bauzustände betrachtet. Im Anschluss werden die allgemeinen Scheibenelemente topologisch optimiert und für unterschiedliche Knotenlastintervalle Modulkonstruktionen abgeleitet.
Aufgrund der losfreien Fertigung erfolgt die Entscheidung über Wärmebehandlungsdauern nicht mehr von Los zu Los. Stattdessen wird für jedes Modul immer dann entschieden, ob seine Wärmebehandlung begonnen oder beendet werden soll, wenn im Produktionsablauf neue entscheidungsrelevante Informationen entstehen. Durch die Betrachtung von Modulvarianten mit wählbarer Fertigungsreihenfolge und die wahlfreie Belieferung von Baustellen erhöht sich die Komplexität des Modells weiter. Für diese dynamischen und komplexen Entscheidungssituationen wird mittels bestärkenden Lernens auf Basis einer ereignisdiskreten Ablaufsimulation ein Entscheidungsmodell (Agent) trainiert. Aus dem resultierenden Modell und den Ergebnissen der topologischen Optimierung wird ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der gefertigten Modulvarianten und den Herstellkosten ermittelt. Der entwickelte Ansatz wird abschließend in einem virtuellen Demonstrator für ein ausgewähltes Szenario angewandt und ein Teil der resultierenden optimierten Tragwerke in einem realen Demonstrator aufgebaut.

Informationen zur Förderperiode 1

Veröffentlichungen

[1] Rose, J,; Forman, P.; Mark, P.
Einfluss rapider Wärmebehandlung auf das kurzzeitige Kriechen von hochfestem Beton
In: Beton- und Stahlbetonbau 119(11), S. 810-820. https://doi.org/10.1002/best.202400053