Der Name Heinz Felfe steht für einen der größten Skandale in der jungen Bundesrepublik und belastete den Bundesnachrichtendienst schwer. Im Dritten Reich gelang Felfe, einem überzeugten Nationalsozialisten, der Aufstieg zum SS-Obersturmbannführer. Nach Kriegsende geriet er zunächst in britische Gefangenschaft, doch diente er sich dort bald dem MI6 als Informant an.
Ende 1951 warb die eng mit der CIA verknüpfte „Organisation Gehlen“ (OG) Felfe als Agenten an; zu diesem Zeitpunkt arbeitete er allerdings bereits seit über einem Jahr für den sowjetischen Nachrichtendienst KGB. Anders als CIA und OG vermutete der US-amerikanische CIC erstmals 1953, dass es sich bei Felfe um einen für Doppelagenten handeln könne, doch unterließ es der Dienst, die übrigen Organisationen über diesen Verdacht zu unterrichten.
Heinz Felfes Aufstieg in der „Organisation Gehlen“ und ab 1956 im Bundesnachrichtendienst verlief zügig, nicht zuletzt auch deshalb, weil seine sowjetischen Auftraggeber den Doppelagenten regelmäßig mit augenscheinlich wertvollen Unterlagen aus der DDR-Staatsführung versorgten. Felfe wurde bald zu einem engen Vertrauten des BND-Präsidenten Reinhard Gehlen und übernahm schließlich die Leitung des BND-Referats „Gegenspionage Sowjetunion“. In dieser Funktion hatte er Zugang zu Geheimpapieren der Bundesregierung, des Bundesverfassungsschutzes und der CIA und leitete überdies die Untersuchung „Panoptikum“, die einem im BND vermuteten sowjetischen Spion ausfindig machen sollte. Auf Grund seiner hohen Position gelang es Felfe, die Arbeit seiner Abteilung über mehrere Jahre hinweg ins Leere laufen zu lassen und zahlreiche sensible Dokumente an seinen eigentlichen Auftraggeber weiterzuleiten.
Erst im November 1961 wurde Felfe enttarnt und 1963 zu 14 Jahren Haft verurteilt, die er allerdings nur teilweise absitzen musste, bis er 1969 im Rahmen eines Gefangenenaustausches zunächst nach Moskau und dann in die DDR übersiedelte. Der Fall Felfe beeinträchtigte die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes nachhaltig. Nach der Enttarnung des Doppelagenten verlor der Dienst nahezu seine gesamten Quellen in den Staaten des Warschauer Paktes. Es dauerte mehrere Jahre, ehe der BND erneut eigenständig Informationen aus dem Einflussbereich der Sowjetunion generieren konnte. Außerdem zeigte seine Biographie deutlich, dass der Bundesnachrichtendienst kaum Bedenken hatte, hochrangige Funktionäre des Dritten Reiches in seinen Reihen unterzubringen. Um weitere Skandale zu vermeiden, wurden in der Folge mehrere Mitarbeiter des Dienstes mit Blick auf ihre NS-Vergangenheit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.
Weiterführende Literatur:
Susanne MEINL; Bodo HECHELHAMMER: Geheimobjekt Pullach. Von der NS-Mustersiedlung zur Zentrale des BND, Berlin 2004.
Armin WAGNER; Matthias UHL: BND contra Sowjetarmee. Westdeutsche Militärspionage in der DDR, Bonn 2007.