04 | 02 | 2014 |
RUPERT GADERER (Bochum)
Was waren medienphilologische Fragen?
Medienphilologie erschließt sich nur dann, wenn danach gefragt wird, was eine medienphilologische Frage ist. Das war nicht immer so: Zu Beginn der 1980er Jahre, als man anfing, darauf zu antworten, für welche zukünftigen Aufgabenbereiche die Medienphilologie zuständig sein wird, wurde schnell klar, dass es um Film-, Fernseh- und Hörspielforschung gehen sollte. Medienphilologie galt als eine ,terra incognita‘, die von den krisengeschüttelten Literaturwissenschaften und verstaubten Philologien – so das Gründungsnarrativ – entdeckt worden ist. Die Hörspielphilologie antwortete auf Fragen der Archivierung, Edition und Kommentierung (etwa von Manuskripten), die Fernsehphilologie auf ästhetische, pragmatische und historische Aspekte der ,Bildschirmmedien‘ und die Filmphilologie auf Probleme der Konservierung und Beschreibung von Filmen und intermedialen Relationen zwischen audiovisuellen und textuellen Artefakten. Ein gemeinsamer Nenner dieser drei Annäherungen war, dass philologische Kriterien und literaturwissenschaftliche Interpretationsmodelle auf ,neue‘ Medien übertragen wurden – das war Konsens. Ausgehend von dieser rudimentär skizzierten ,Erfindung‘ der Medienphilologie stellt sich die Frage, welche Verschiebungen, Perspektivwechsel und Neuakzentuierungen eintreten, wenn nach der Frage der medienphilologischen Frage gefragt wird. Die Frage ,nach‘ der medienphilologischen Frage rüttelt nämlich an den Fundamenten herkömmlicher Auffassungen von Medienphilologie und schickt sich an, ihre blinden Flecken zu kartographieren.
CV
Rupert Gaderer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum und wissenschaftlicher Redakteur des ›Archivs für Mediengeschichte‹ (Berlin/Bochum/Weimar). Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Graduiertenkolleg ›Mediale Historiographien‹ und der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar und Postdoc-Fellow am ICI Kulturlabor Berlin. Er promovierte 2008 an der Universität Wien am Institut für Germanistik und war zuvor Junior Fellow am IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften (Wien) und Doc-Stipendiat der ÖAW Österreichische Akademie der Wissenschaften.
Publikationen (Auswahl)
Querulanz. Skizze eines exzessiven Rechtgefühls, Hamburg: Textem 2012.
Phantasmata. Techniken des Unheimlich, hrsg. v. Fabio Camilletti, Martin Doll, Jan Niklas Howe und R.G. Wien u.a.: Turia & Kant 2011.
Poetik der Technik. Elektrizität und Optik bei E.T.A. Hoffmann, Freiburg i.Br: Rombach 2009.