19 | 11 | 2013 |
HANIA SIEBENPFEIFFER (Greifswald)
Mikroskopie und Poetik
um 1700
Der Vortrag wird der Frage nachgehen, inwiefern optische Medien der Frühen Neuzeit – in concretum: das Mikroskop – nicht nur einen motivischen, sondern einen strukturalen Einfluss auf die Literatur des ausgehenden 17. und frühen 18. Jahrhunderts hatten. Am Beispiel der Gedichte von Derham und Brockes, mithin im Feld der englisch- und deutschsprachigen Physikotheologie, wird der Überlegung nachgegangen, in welcher Weise ihre Lyrik auf den durch die technische Medialisierung erzeugten, prekären Status der visuellen Wahrnehmung reagierte und mithilfe bestimmter poetisch-rhetorischer Verfahren den Erscheinungen jene Evidenz zurückgab, die sie durch die optischen Medien verloren hatte. Brockes mehr noch als Derham stellte im Ausgang der Frühen Neuzeit eine lyrische Ausdrucksform bereit, deren Gegenstände wie Strukturen den mikroskopisch medialisierten Blick aufgriffen und transformierten, um ihn letztlich poetologisch zu überbieten. Dies lässt sich genau dann analytisch erfassen, wenn die Texte ebenso wie die optischen Medien als mediale Konstrukteure begriffen werden.
CV
Hania Siebenpfeiffer ist Juniorprofessorin für Neuere deutsche Literatur mit Schwerunkt Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit an der Universität Greifswald. Sie war Max Kade Distinguished Visiting Professor an der University of Illinois/Urbana Champaign (2007), Research Fellow am IFK_Wien (2009) und Gastwissenschaftlerin an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (2013). Gegenwärtig arbeitet sie an einer Studie zur Literatur und Kosmologie in der Frühen Neuzeit (1590 - 1770).
Publikationen (Auswahl)
Materie. Grundlagentexte zur Theoriegeschichte, hrsg. v. Sigrid G. Köhler, Martina Wagner-Egelhaaf und H.S. Berlin: Suhrkamp 2013.
‚Böse Lust‘. Gewaltverbrechen in der Weimarer Republik, Köln u.a.: Böhlau 2005.