14 | 05 | 2014 | ANNA TUSCHLING (Bochum)
14:30-15:30 Uhr
Capotes Wurf – Sprache und Diskretes als Probleme der digitalen Philologie
Truman Capote sagte von sich, er habe sein ganzes Leben lang gewusst, dass er ein Häufchen Wörter nehmen und in die Luft werfen könnte, und sie würden genau richtig herabfallen. Diese Behauptung belegt nicht nur die beneidenswerte Leichtigkeit des Dandy-Autors im Umgang mit Worten, sondern ein bestimmtes Sprachverständnis. Das Kombinieren wird hier zur vielleicht wichtigsten Tätigkeit des Schreibenden. Anhand u. a. von Capotes Wurf geht der Vortrag den Hinweisen nach, dass sich im 20. Jahrhundert ein Sprachverständnis konturiert, mit dem die Permutation, die Kombinierbarkeit und Assemblage der Sprachelemente in den Vordergrund rückt. Parallel zur Geburt des Computers kommen Kreuzworträtsel, Wortwürfelspiele und Scrabble auf, die das Arrangement von Zahlen, Positionslogiken und Buchstaben nutzen. Insgesamt untersucht der Beitrag die These, inwiefern von der Epoche des Computers aus die Sprache rückblickend als ein System erscheint, das anders aber ähnlich wie die Rechner auf diskret kombinatorischen Elementen basiert. Ziel ist es, die Möglichkeiten der digitalen Philologie am Beispiel von Sprache und Diskretem auszuloten.
CV
Anna Tuschling ist Juniorprofessorin am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Sie leitet innerhalb der Mercator-Forschergruppe »Räume anthropologischen Wissens« ein Projekt zu den Medien der Affektforschung. Schwerpunktmäßig forscht sie zur Münchhausenmaschine, zu den Ursprüngen der Medienanthropologie und über mediale Lernwelten.