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Nachrichtendienstgeschichte im frühen Kalten Krieg

Paul Lüth

 

Paul Egon Lüth (1921-1986) war ein deutscher Arzt und Publizist, dessen Name heute jedoch vor allem mit dem „Bund Deutscher Jugend“ (BDJ) in Verbindung gebracht wird. Während des Zweiten Weltkrieges hatte Lüth zunächst ein Medizinstudium aufgenommen, dieses jedoch auf Grund seiner Einberufung nicht zu Ende geführt. Nach 1945 praktizierte er dennoch zunächst als Arzt und versuchte sich als Journalist und Schriftsteller, ohne dabei aber tatsächlich Fuß fassen zu können.

Nach eigenen Angaben traf Lüth 1950 in Frankfurt am Main erstmals den US-Amerikaner und CIA-Mitarbeiter Henry Selby, der ihm für die Gründung eines Vereins zur antikommunistischen Bildungsarbeit ein großzügiges Budget in Aussicht stellte. Kurz darauf gründete Lüth den „Bund Deutscher Jugend“, einer stark antikommunistisch ausgerichteten Organisation, deren Mitglieder vorwiegend aus Veteranen der Wehrmacht, Waffen-SS und Gestapo bestanden. Obwohl Lüth zunächst keine offizielle Funktion innerhalb des BDJ übernahm, galt er von Beginn an als dessen Gründungsvater und Chefideologe; der von ihm verfasste Aufsatz „Bürger und Partisan“ wurde zur ideologischen Grundlage des BDJ.

Der BDJ konzentrierte sich neben der Produktion von antikommunistischem Propagandamaterial und der Publikation verschiedener Periodika vor allem auf die Ausbildung zukünftiger Partisanenkämpfer, die im Falle einer Invasion durch die Sowjetunion in den dann besetzten Gebieten Widerstand leisten sollten.

Die Finanzierung des BDJ erfolgte weitgehend über die von Henry Selby eingeleiteten Wege, allerdings erhielt die Organisation auch Spenden verschiedener Industrieller, die Wert auf Anonymität legten. Lüth verwaltete die Finanzen des BDJ und ließ seinen US-amerikanischen Kontaktpersonen regelmäßig Berichte über die Aktivitäten des Vereins zukommen. In den Unterlagen der CIA erhielt Lüth den Decknamen „Kenneth P. Hollocks“

Die Aktivitäten des BDJ und seiner 1951 gegründeten paramilitärischen Untersektion „Technischer Dienst“ kamen 1952 nach einer umfangreichen Aussage eines Whistleblowers ans Tageslicht und lösten einen bundesweiten Skandal aus. Eine Vernehmung oder Verhaftung Lüths im Zuge der Ermittlungen wurde mit Hilfe der US-amerikanischen Behörden verhindert.

Nach dem bundesweiten Verbot des BDJ 1953 nahm Lüth erneut sein Medizinstudium auf und ließ sich schließlich als Landarzt nieder. Seinem Interesse an schriftstellerischen Tätigkeiten blieb er treu und publizierte verschiedene Bücher und Aufsätze zu medizinischen Fragestellungen.

Paul Lüth verstarb 1986 an den Folgen eines Herzinfarktes.


Weiterführende Literatur:

  • Peter DUDEK, Hans-Gerd JASCHKE: Der Bund Deutscher Jugend (BDJ) – Ein Produkt des Kalten Krieges, in: Peter Dudek, Hans-Gerd Jaschke (Hrsgg.): Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik 1, Opladen 1984, S. 356–388.

  • Andrea RÖPKE, Andreas SPEIT: Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland, Bonn 2013.

  • Erich SCHMIDT-EENBOOM, Ulrich STOLL: Die Partisanen der NATO: Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946-1991, Berlin 2015.