WIKI: Nachrichtendienstgeschichte im frühen Kalten Krieg

KIBITZ

 

Nachdem sich die Fronten zwischen den ehemaligen Verbündeten des Zweiten Weltkriegs zunehmend verhärteten, begann der US-amerikanische Nachrichtendienst CIA Ende des Jahres 1948 mit dem Aufbau erster Stay-Behind-Programme in den westdeutschen Besatzungszonen, um im Falle einer sowjetischen Invasion gewappnet zu sein. Neben VULTURE und PASTIME zählte auch das KIBITZ-Programm dazu, das über die in Karlsruhe ansässige CIA-Station geführt wurde.

KIBITZ richtete seinen Fokus auf die südwestliche Region Deutschlands und hatte zum Ziel, Stay-Behind-Netzwerke aufzubauen, deren Agenten im Kriegsfall hinter den feindlichen Linien verbleiben sollte, um von dort beispielsweise als Funker nachrichtendienstlich relevante Informationen zu übermitteln. Potentielle Agenten des KIBITZ-Netzwerkes sollten solche Personen sein, die über ein gewisses technisches Vorwissen und ein klares, anti-kommunistisches Weltbild verfügten, so dass sie nicht der Gefahr laufen würden, auf die sowjetische Seite zu wechseln. Zu den Rekrutierten zählten nicht nur zahlreiche ehemalige Wehrmachtssoldaten, sondern auch Angehörige der SS und Gestapo, die meist nicht nur über ein nach wie vor nationalsozialistisch geprägtes Weltbild verfügten, sondern auch über die Expertise und das technische know-how, das für den Aufbau von KIBITZ unverzichtbar war.

Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich KIBITZ zu einem großen, zunehmend schwerer zu kontrollierendem Netzwerk. Mindestens zwei Agenten von KIBITZ zählten ebenfalls zum Kreis der Organisation Gehlen.

Die Affäre um den „Bund Deutscher Jugend“ und den „Technischen Dienst“ im Herbst 1952 bedeutete den Anfang vom Ende des KIBITZ-Programmes. Im Frühling 1953 wurde der größte Teil des Netzwerkes aufgelöst, gleichzeitig unterrichteten Mitarbeiter der CIA Kanzleramtschef Hans Globke in groben Zügen über die Existenz US-amerikanischer Stay-Behind-Netzwerke auf deutschem Boden, so dass spätestens zu diesem Zeitpunkt auch die Bundesregierung über die Vorgänge informiert war.


Weiterführende Literatur:

  • Erich SCHMIDT-EENBOOM, Ulrich STOLL: Die Partisanen der NATO. Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946-1991, Berlin 2015.

  • Michael WALA: Stay-behind operations, former members of SS and Wehrmacht, and American intelligence services in early Cold War Germany,in: Journal of Intelligence History 15 (2016), S. 71-79.