Entstehung
des Fachs:
Technikgeschichte
Anders als in den meisten deutschen (technischen) Universitäten
ist die historische Disziplin Technikgeschichte in Bochum nicht technischen
Fächern, sondern dem Historischen Institut zugeordnet.
Die verschiedenen
Techniken, ihre Herstellungen und Auswirkungen unterliegen und unterlagen
im historischen Verlauf unterschiedlichsten Einwirkungen; sie machten
unterschiedliche Randkonstruktionen in benachbarten gesellschaftlichen
Umfeldern erforderlich und weckten ihrerseits wiederum politische, wirtschaftliche
und gesellschaftliche Erwartungen. Erst recht spät, mit dem Ausbau
des bundesdeutschen Hochschulwesens nach 1960, ist diese Fragestellung,
die längst im Berliner Eisenbahnmuseum 1906, im Deutschen Museum
1903/1925 oder im Deutschen Bergbaumuseum 1931 öffentliche Aufmerksamkeit
erfahren hatte, an Universitäten etabliert worden: einmal zusammen
mit der Geschichte der Naturwissenschaften in Hamburg und München
(1961/3), andererseits mit der Wirtschafts- und Sozialgeschichte innerhalb
eines Historischen Instituts an der ersten Gründung einer vollständigen
deutschen Universität, in Bochum (gegr. 1961; Etablierung des Fachs
1966). In Deutschland gibt es bis heute keine höhere Forschungs-
und Lehreinrichtung, an der das Fach so weitgehend in den Kanon historischer
Fächer eingebunden ist wie in Bochum. Das Fach wird in Bochum von
einer Reihe berufserfahrener Lehrbeauftragter unterstützt.
Unsere
wissenschaftliche Literatur ist integriert in die große Präsenzbibliothek
des Historischen Instituts, die für alle eingeschriebenen Studierenden
zugänglich ist. Die Bücher sind daher nicht ausleihbar.
Über
den Stand der Disziplin und ihre Organisationen in Deutschland orientiert
tabellarisch:
Christoph Meinel und Wolfhard Weber (Hg.): Naturwissenschafts-, Technik-
und Medizingeschichte Deutschland 2005. Bochum, Regensburg 2005. Dieser Bericht ist
auf der "Linkliste" (linke Leiste) oder hier unter IUHPS/DHST
Deutschland elektronisch einseh- und abrufbar.
Zur Genese des
Faches nach 1945 s. Wolfhard Weber; Lutz Engelskirchen: Streit um die
Technikgeschichte in Deutschland 1945-1975. Münster 2000.
Erkenntnisziele des Faches und vermittelte Inhalte:
Die Genese technischer Entwicklungen, ihre sozialen und politischen,
vor allem aber wirtschaftlichen Bedingtheiten in Mittelalter und Neuzeit
werden in seminaristischer Form untersucht oder/und in Vorlesungen vorgestellt.
Dazu gehören nicht nur Exkursionen zu Museen, Betrieben und Archiven,
sondern auch die Reflexion, warum bestimmte Techniken eher oder weniger
akzeptiert wurden (werden) als andere. Die Untersuchung dieser Genese
technischer Wirkungen und ihrer Interaktionen erstreckt sich ebenso
auf die Ausgestaltung traditioneller historischer wie neuartiger Quellen,
etwa Instrumente, Artefakte, aber auch Visionen usw., und auch auf Wechselwirkungen
mit den Naturwissenschaften, dem wohl wichtigsten Rationalisierungsinstrument
moderner Technik.
Denjenigen,
die sich für die Entfaltung und den Wandel von Technik interessieren,
soll vermittelt werden, dass ein großes Problem oft darin besteht,
über das Artefakt hinaus in Technik mehr zu erkennen (und diese
Erkenntnis zu formulieren!), etwa ein Element des Wirtschaftslebens,
eines der Produktion wie der Konsumtion, ein Medium der Distinktion
und/oder Integration, aber auch etwa einen Machtfaktor oder ein Vehikel
zur Naturbeherrschung - und all dieses in historischer Perspektive.
Soweit jedenfalls unser Zielvorstellungen. Diese komplexe Problematik
wird umso deutlicher, je stärker der Horizont geweitet wird, unter
dem Technik betrachtet werden kann: als technisches System (etwa in
der Energieversorgung), als Wissenssystem (etwa in der Ökologie)
oder/und als Bedeutungskonstruktion (etwa als Wohlfahrtsvehikel).
Insgesamt kann Technikhistorie andere historische Fragestellungen nicht
ersetzen; im Gegenteil, nur durch genaue Kenntnis von Ergebnissen anderer
historischer Disziplinen kann es gelingen, technische Entwicklungen
adäquat zu interpretieren. Sie kann aber über die Untersuchung
des Verhältnisses von Techniker(-innen), Technik und Gesellschaft
hinaus eine große Anzahl aktueller Fragen zur vergangenen Entwicklung
von Technik beantworten helfen, die durch politische, ökonomische
usw. Analysen oft nur schwer erklärbar sind. Dabei sind strukturelle
Neugier und Kenntnisse auf Seiten der Fragenden oft noch wichtiger als
instrumentelle oder naturwissenschaftliche Begabungen. Wir bemühen
uns um die Erhellung des wechselnden Verhältnisses von Technik,
Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zur betrieblichen und überbetrieblichen
Praxis und zum Staat im historischen Verlauf.
Umweltgeschichte
[in Arbeit]