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DIE PHILOSOPHIN
Forum für feministische Theorie und PhilosophieGerman
feminist semi-annual for feminist theory and philosophy Herausgeberinnen: Astrid Deuber-Mankowsky (Berlin) und Ursula Konnertz (Tübingen) Redaktion: Ursula
Konnertz, Schmiedtorstr. 15, 72072 Tübingen (Tel./Fax 07071/23054)
Die Nummer
31 und die Nummer 32 sind erschienen! Die
Gründe, warum es vorläufig die letzten sein werden: Als wir vor mehr
als 15 Jahren der Mitbegründerin und Ehrenpräsidentin der IAPh. E. Walesca
Tielsch von dem Projekt der Philosophin
erzählten, prophezeite sie uns, die sonst nicht so pessimistisch war, dass
nicht mehr als vier Nummern einer Zeitschrift für Philosophie und
feministische Theorie erscheinen würden. Zu konservativ und vor allem zu
frauenfeindlich sei die akademische Philosophie und der Markt deshalb zu
instabil. Doch gerade die Geschlechterblindheit, die wir in unseren eigenen
philosophischen Ausbildungen an durchaus repräsentativen, damals sehr
renommierten philosophischen Instituten Ende der 1970er und 1980er Jahre
erlebten, bestärkte uns in unserem Vorhaben. Jedes geistes- oder
sozialwissenschaftliche Fach schien der Kritik der feministischen Theorie gegenüber
offener zu sein als die Philosophie. Dies wollten wir, getragen von der
Aufbruchstimmung, in der sich die feministische Theorie zu Beginn der 1990er
Jahre befand, ändern. Bewusst nannten wir die neue Zeitschrift Die Philosophin. Lange dachten wir nur
über den Untertitel nach, bis wir uns für „Forum für feministische
Theorie und Philosophie“ entschieden. Eine disziplinübergreifende
Quergängerin sollte unsere Zeitschrift sein, ein Forum freier Geister, und
immer dort intervenieren, wo sich ein Kanon zu bilden, wo
Institutionalisierung zu Festschreibung und Ausschluss kritischer Stimmen, wo
Selbstverständlichkeiten blinde Flecken unsichtbar zu machen drohten.
Inzwischen sind zweiunddreißig Nummern erschienen. Und jetzt wird es eine
Pause geben, bis auf Weiteres ist keine Ausgabe mehr geplant. Die Gründe sind
vielfältig. Den Ausschlag gab die Ankündigung unseres Verlegers, der das
Projekt die ganzen Jahre unterstützt hat – wofür wir ihm an dieser
Stelle ausdrücklich danken wollen – dass er das Verlagsprogramm auf
seine thematischen Schwerpunkte konzentrieren wolle und die Philosophin nicht zu diesen dazuzähle.
Eine Weiterführung der Philosophin
hätte für uns also einen Verlagswechsel und die Suche nach einem neuen Verlag
bedeutet. Wir nahmen die Situation als Gelegenheit wahr, um eine
Bestandsaufnahme des Status quo zu machen und kamen zum Schluss, dass der
Zeitpunkt gekommen ist, eine Pause zu machen. Wir haben
die Philosophin vor 15 Jahren
gegründet, weil wir ein Forum schaffen wollten, in dem philosophisch
interessierte Frauen in einem interdisziplinären Austausch aktuellen Themen
nachdenken können, die Philosophie und feministische Theorie verbinden; wir
wollten ausloten, welche neuen Perspektiven auf aktuelle gesellschaftliche,
epistemologische, historische, ästhetische und geschlechterpolitische Fragen
sich eröffnen, wenn man sie unter der als philosophische
Kategorie verstandenen Kategorie Geschlecht betrachtet. Wir waren an keine
Institution angebunden und waren die ganzen Jahre nur zu zweit, was zwar viel
Arbeit bedeutet, aber viele Entscheidungen auch erleichtert hat. Wir wollten
dieses Forum offen halten für Wissenschaftlerinnen, die sich innerhalb der
akademischen Institution bereits einen Namen gemacht haben, für
Philosophinnen, die sich außerhalb der Institution bewegen, für
Nachwuchswissenschaftlerinnen und für Studentinnen. Diese Zusammensetzung
versuchten wir in jeder Nummer, zu jedem Schwerpunktthema zu realisieren. Um
der Heterogenität und Offenheit auch in der Form zu entsprechen, konzipierten
wir für jede Nummer ein Interview mit einer renommierten Expertin zum
jeweiligen Schwerpunktthema. Wir waren,
das dürfen wir im Nachhinein sagen, tief davon überzeugt, dass ein solches
Forum des freien und freigeistigen Nachdenkens auf der Grenze zwischen
Philosophie und feministischer Theorie gebraucht wurde, dass es nötig war und
erhielten dafür von den Leserinnen die Bestätigung. Die ersten Nummern waren
schnell vergriffen, die Zeitschrift gewann an Reputation und an Bedeutung
auch innerhalb der Institution. Selbst wenn die Artikel nicht offiziell einem
Peer-Review-Verfahren unterlagen, so hat eine Veröffentlichung in der
Philosophin doch einige Karrieren von Frauen gefördert. In der
zweiten Hälfte der 1990er Jahre begann die Institutionalisierung der
Geschlechterstudien an mehreren deutschsprachigen Universitäten, Studiengänge
wurden eingerichtet und interdisziplinäre Forschungsprojekte setzten sich in
vielen Disziplinen durch. Wir haben
diesen Prozess in der Philosophin
kritisch begleitet und reflektiert. Wir haben versucht, Transdisziplinarität
als kritische Methode in der Zusammenarbeit der Disziplinen aus philosophischer
Perspektive zu stärken, in der Hoffnung, dass mit den Geschlechterstudien
eine Art produktiver Störfaktor in die Disziplinen hineingetragen wird, ein
Störfaktor, der epistemologische Überzeugungen unterläuft und neue Wissens-
und Praxisperspektiven erschließt. Ob dieser Störfaktor sich im
Institutionalisierungsprozess der Gender Studies hierzulande erhalten wird,
wird sich zeigen. Zu den
Anliegen der Philosophin gehörte
seit der ersten Nummer, den Austausch mit Wissenschaftlerinnen aus den europäischen
Nachbarländern, insbesondere aus Frankreich zu fördern. Zu sehr war uns der
feministisch-theoretische Mainstream auf die US-amerikanische Diskussion
ausgerichtet. Monique David-Ménard, Geneviève Fraisse und Sarah Kofman
gehörten nicht nur zum Beirat der Philosophin,
sie waren nicht nur feste Autorinnen, sondern auch Gesprächspartnerinnen, mit
denen wir in intensivem inhaltlichen Austausch standen. So bildeten sich im
Laufe der Jahre, nicht zuletzt durch diesen Austausch angestoßen, einige
unserer Schwerpunkte (unter anderen) heraus: die Auseinandersetzung mit der
Psychoanalyse und der Dekonstruktion, das Ausarbeiten der Geschichtlichkeit
der philosophischen Kategorie Geschlecht und die Notwendigkeit des
Nachdenkens über die Ermöglichungsbedingungen eines „Sprechens ohne
Macht“, das Sarah Kofman als Aufgabe einer „neuen Ethik“
sah, ein Nachdenken, das die Frage nach der Möglichkeit eines Philosophierens
nach Auschwitz nicht als unzeitgemäß ad acta legt. Um die
Vermittlung der Diskussionen mit Wissenschaftlerinnen aus den europäischen
Nachbarländern zu intensivieren, beschlossen wir 2000, die Zeitschrift als
Forum für Gastherausgeberschaften zu öffnen. Realisiert wurde mit der Nummer
26 eine Ausgabe über die feministische Diskussion in Spanien, die María
Isabel Peña Aguado betreut hat und mit der Nummer 29 eine Ausgabe über den
Stand der feministischen Philosophie in Italien, herausgegeben von Sara
Fortuna und Katrin Heinau. Bereits konkret geplant waren weitere Ausgaben
über die Diskussionen in Polen, in Schweden und in Frankreich. Diese
Gastherausgeberschaften bedeuteten zwar bereits eine gewisse
Arbeitsentlastung, ebenso wie die Mitarbeit von Catherine Newmark, die seit
2002 den Rezensionsteil in Absprache mit uns betreute, und der wir an dieser
Stelle herzlich danken. Doch trotz dieser Arbeitsentlastung sind wir mit der
inhaltlich für uns beide so produktiven und idealen Arbeitsform des
Zweierprojektes neben unserer Erwerbs- und Familienarbeit immer wieder an die
Grenzen unserer Arbeitskapazität gestoßen. So ist denn, neben dem bereits
erwähnten nötigen Verlagswechsel, die trotz allen Gewinns, den wir aus der
Arbeit für die Philosophin zogen,
kaum mehr zu tragende Arbeitsbelastung ein weiterer wichtiger Grund für die
Entscheidung, jetzt erst einmal eine Pause zu machen. Doch es
kommen weitere Gründe hinzu. Einer davon betrifft die Frage, weshalb es uns
kaum gelungen ist, jüngere Leserinnen an die Zeitschrift zu binden. Hängt es
mit dem Medium Zeitschrift zusammen? Können sich nur noch Zeitschriften durchsetzen,
die im streng akademischen Sinn peer reviewed sind? Findet die kritische
Diskussion und Selbstverständigung in anderen Medien und Foren statt?
Bräuchte es für eine generationenübergreifende Kommunikation ein Engagement,
das wir im Moment nicht aufbringen können? Da uns die Frage, wie eine
Tradierung ohne Kanonbildung möglich ist, besonders am Herzen liegt, haben
wir mit Studierenden des medienwissenschaftlichen Instituts der
Ruhr-Universität Bochum ein kleines Forschungsprojekt zur Frage durchgeführt,
wie eine Geschichte feministischer Zeitschriften seit den siebziger Jahren in
Deutschland zu schreiben sei. Die Ergebnisse sind in der vorläufig letzten
Nummer der Philosophin. Forum für
feministische Theorie und Philosophie veröffentlicht. Es ist uns eine
besondere Freude, unser Projekt mit einer Ausgabe zu einem vorläufigen
Abschluss zu bringen, welche die Perspektive der Jüngeren auf das Thema
„Feministische Zeitschriften. Tradierung und Geschichte“
vorstellt. Ursula
Konnertz Astrid
Deuber-Mankowsky Was ist DIE PHILOSOPHIN?
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