Projektbeschreibung
Sieht man von der durch den Kaiser Ferdinand II. befohlenen Ermordung
Wallensteins am 25. Februar. 1634 ab, so gab es in Deutschland zwischen
dem Attentat Johannes Parricidas auf König Albrecht I. am 1.
Mai 1308 und der Ermordung August von Kotzebues durch den Studenten
Karl Ludwig Sand am 23. März 1819 kein Attentat. Der jahrhundertelange
Friede ging 1819 aber definitiv zu Ende. Das 19. und noch mehr das
20. Jahrhundert Deutschlands, Europas und Amerikas erzählen
immer mehr Attentatsgeschichten. Das Attentat ist eine in den politischen
Alltag eingezogene allgegenwärtige Möglichkeit: Politiker,
Stars, Prominente schützen sich mit dem Cordon sanitaire von
Bodygards gegen die Gefahr. Was ist der Grund für diese moderne
Karriere des Attentats?
Untersucht werden die Gewaltakte von Einzeltätern, die ihr
Opfer im allgemeinen nicht kannten, die nur über Bilder und
Bildinformationen mit ihnen in Verbindung standen. Opfer von Anschlägen
werden vor allem Politiker, Künstler und Medienprominente wie
John Lennon oder Andy Warhol. Es sind Taten in und für die
Öffentlichkeit. Oft machten sich die Täter nicht einmal
die Mühe zu fliehen. Viele dieser Attentate wurden sogar im
Bildern (Foto, Film, TV) festgehalten. Die Täter verlangt es
vor allem danach, im Bild, im Auge der Welt zu erscheinen. Die Attentatsgeschichte
ist aus der Sicht der Täter eine Geschichte von technischen
Bildern und Bilddelirien.
Auf der anderen Seite gibt es die Geschichte der Interpretationen.
Die Frage nach den Gründen, die Frage nach den Verschwörern,
die Frage nach den Wirkungen auf die Geschichte. Auch hier öffnet
sich ein Archiv von Dokumenten, in denen sich der Wahnsinn der Täter
als Wahnsinn der Interpreten wiederholt. Lässt sich nun diese
Kooperation der Paranoia noch interpretieren, ohne in die Verstrickung
dieser Kooperation zu geraten?
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