| 
       
      
      Ziel der geoarchäologischen Forschungen im Umfeld von Milet ist es, die 
      Landschaftsentwicklung in den verschiedenen historischen und 
      prähistorischen Epochen zu rekonstruieren. Dabei interessiert 
      insbesondere die ständige Verlagerung der Küste aufgrund des sich nach 
      Westen ausdehnenden Büyük Menderes-Deltas. Die Deltaebene ist als 
      Akkumulationsraum das natürliche Archiv, dem die wesentlichen 
      Informationen mittels Rammkernsondierungen entnommen werden. Entscheidende 
      Gesichtspunkte bei der Auswertung der Bohrkerne sind die Rekonstruktion 
      der paläogeographischen Situation und die Gewichtung der natürlichen 
      Umweltveränderungen (z.B. durch Meeresspiegelschwankungen, Klimawandel) 
      gegenüber der Humaninfluenz (z.B. durch Rodung, Bau von Dämmen und 
      Kanälen).  
      
      
      Nach der letzten Eiszeit stieg der Meeresspiegel von -125 m rasch auf sein 
      heutiges Niveau, das er etwa 5.500 Jahre vor heute erreichte. Dadurch 
      enstanden an der türkischen Ägäisküste weit landeinwärts greifende 
      Meeresbuchten - so auch der Latmische Golf. Die Hauptursache für seine 
      nachfolgende Verlandung ist der Vorbau des Büyük Menderes-Deltas. 
      Vorwiegend bedingt durch den menschlichen Eingriff in den Naturhaushalt 
      kam es im Flusseinzugsgebiet zu starker Erosion (vor allem in den Gebieten 
      mit Mergeln und tiefgründig verwitterten Glimmerschiefern; vgl. Abb. 1). 
      Dank der dadurch bedingten hohen Sedimentfracht schob der Mäander sein 
      Delta immer weiter westwärts. Belege dafür sind der brackische Bafa Gölü 
      als Restsee des Latmischen Golfs, die verlandeten Häfen von Priene, Myus 
      und Milet sowie die frühere Insel Lade (Ort der Seeschlacht zwischen der 
      persischen und der milesischen Flotte 494 v.Chr.!), die heute völlig in 
      die Deltaebene integriert ist.  
          
            
          | 
           
          
             | 
             
            
          | 
          
          3.
          
           
          
          Stadtplan des griechisch-römischen Milet | 
             
            
          | 
           
          
          Nach der Zerstörung durch die Perser 494 v. Chr. wurde die Stadt bald 
          nach 479 v.Chr. auf der Milesischen Halbinsel in einem orthogonalen 
          Raster wiederaufgebaut Das Straßensystem ist weitgehend ergänzt und 
          nicht ergraben. Der Verlauf der archaischen Stadtmauer ist in den 
          meisten Bereich ungeklärt. Dass die Perser nach Herodot Milet zu Land 
          und zur See belagerten, lasst eine geschlossene Stadtmauer (schwarz) 
          schloss den Kalabaktepe sicher ein. Wann er erstmals durch die südliche 
          Quermauer; vom Befestigungssystem abgetrennt wurde, lässt sich der 
          Zeit noch nicht sagen. Die Farbgebung der Gebäude gibt in der Regel 
          den Beginn der Bebauung wieder (schwarz: archaisch; rot: klasisch; 
          grün: hellenistisch; blau: römisch). Einige Bauten wurden auch noch in 
          späteren Phasen der Stadtgeschichte genutzt und z.T. architektonisch 
          neu gestaltet.  | 
             
         
         | 
          | 
        
        
          
            
              | 
           
          
            | 
          
          1. 
          Verlandungsszenarien des Mäander-Deltas in historischer Zeit | 
           
          
            | 
             
              
              Die Abbildung gibt ein ungefähres Bild von den Phasen des 
              Deltawachstums. Die dargestellten Szenarien basieren allerdings 
              sämtlich auf der Auswertung literarischer Quellen, nicht auf 
              geoarchäologischer Evidenz. Etliche Widersprüche - etwa in der 
              Umgebung von Priene und Milet - sind evident. In einem laufenden 
              Forschungsprojekt wird eine Klärung mit geoarchäologischen Mitteln 
              versucht. Im Stadtgebiet von Milet konnte die ehemalige 
              Land/Meer-Verteilung rekonstruiert werden.  | 
           
          
            | 
                | 
           
          
            | 
                | 
           
          
            | 
             
               | 
           
          
            | 
             
            2. Die paläographische Stuation der milesischen Halbinsel  | 
           
          
            | 
             
          
          Im stadtgebiet von Milet konnte die ehemalige Land/Meer-Verteilung 
          rekonstruiert werden. Die Abbildung zeigt die verschiedenen Bohrpunkte 
          und einige exemplarische Bohrprofile. Folgende Stratigraphie ist 
          typisch: Über dem anstehenden Festgestein (meist Kalke des Neogen) 
          folgen marine, litorale, lagunäre und schließlich fluviale Sedimente. 
          Gemäß diesem Befund existierten zum   Zeitpunkt  des   holozänen 
          Meeresspiegelhochstandes (wahrscheinlich vor 5.500 Jahren) mehrere 
          Inseln. So auch noch im Gebiet des späteren Athena-Tempels zum 
          Zeitpunkt der ersten Besiedlung (2. Hälfte des 4. Jt.; frdl. Mittlg. 
          von W.-D. Niemeier). Ob dieser Bereich zu Beginn der 
          minoisch-mykenischen Epoche noch immer eine Insel war oder ein Tombolo 
          (Nehrung) ihn bereits mit dem Festland verband, müssen weitere Studien 
          zeigen. Jedenfalls wuchsen die Inseln durch Verlandung zunächst zur 
          Milesischen Halbinsel zusammen, die dann ihrerseits durch das 
          Vorrücken des Deltas allmählich vollständig in die 
          Büyük-Menderes-Ebene integriert wurde.  | 
           
         
         |