Teilprojektleiter: Prof. Dr. Helmuth Albrecht, Technische Universität Bergakademie Freiberg
Projektbearbeitung: Dr. Sabine Loewe-Hannatzsch, (extern)
Als sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft entzog sich der Uranerzbergbau der Wismut häufig den staatlich-umweltpolitischen Zugriffen, die mit der Uranerzgewinnung einhergehenden Umweltproblematiken stellten sich zudem anders dar als jene des Kohlenbergbaus. Im Zentrum der Analyse steht das Spannungsverhältnis institutioneller Verankerung der Umweltpolitik der DDR und der umweltpolitischen Praktiken der verschiedenen Akteure. Dazu werden der Umgang mit und die Weitergabe von Umweltdaten sowie die Reaktionen und Maßnahmen darauf betrachtet. In das Betrachtungsfeld der Analyse rücken hierbei besonders die Leitungsebene der SAG/SDAG Wismut, die Oberste Bergbehörde der DDR, die Abteilung für Wismut-Angelegenheiten beim Ministerium für Staatssicherheit, die SED und die Räte der Bezirke, die Bergsicherungsbetriebe, die Staats- und Parteiführung, Wissenschaftler, kommunale Vertreter, aber auch die im Wismut-Gebiet lebende und arbeitende Bevölkerung sowie schließlich Vertreter der Umweltbewegung, die sich in den 1980er Jahren zunehmend auch als Oppositionsbewegung etablierte.
Des Weiteren wird das Spannungsverhältnis der beiden formal gleichberechtigten Partner der Wismut untersucht. Die oft divergierenden sowjetischen und ostdeutschen Interessen im Uranerzbergbau verhinderten ebenso die Entwicklung und Umsetzung eines wirkungsvollen Rekultivierungs- und Sanierungskonzepts, wie die von der Wismut selbst durchgeführten und außerhalb einer kritischen Öffentlichkeit stattfindenden Umweltkontrollen. Nicht nur die sowjetisch-ostdeutschen Verhandlungen über einen ressourcenschonenden Abbau oder eine weitere Maximalförderung von Uranerz, sondern auch die ständigen Preisverhandlungen drängten die gesamte Umweltproblematik bei der Förderung und der Weiterverarbeitung von Uranerz an den Rand der Diskussionen. Es gilt den Wissenstransfer der Umweltdaten, die Reaktionen auf die Umweltbelastungen und die möglichen Sanierungsmaßnahmen und Rekultivierungskonzepte zu rekonstruieren und kontextualisieren. Hierzu erfolgt eine Einordnung der Ergebnisse in den internationalen Kontext des Ost-West-Konflikts und des Rüstungswettlaufs. Dieses multi-perspektivisch und multi-archival angelegte Forschungsprojekt verbindet die internationale Geschichte des Uranerzbergbaus mit der nationalen und regionalen Ebene der Umweltpolitik der DDR.