panel 2b | 10.11.2011 | 16:15-17:45 | room 2 | english+german
GEHIRNSTÜRME
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BENJAMIN EUGSTER (Zürich)
From Mabuse's Eyes to 9/11's Mashups. Manipulation Aesthetics as Audiovisual Style and Topos.

In June 2011 the German TV station "Pro7" launched an advertisement campaign for the sci-fi series V – The Visitors . Instead of remixing various scenes from the series the TV spot neither offers any information regarding the TV station's authorship nor about the actual program it is advertising for. Only the name of the website www.habt-keine-angst.de during the last seconds of the video reminds the viewer of a particular interest of the campaign, namely to conceal and obfuscate any practical information and to sustain suspense and curiosity at the same time. The spot itself consists of a sequence of imageries from overexposed childhood idylls to the time lapse of a blooming blossom. Their combination with a soothingly repeated mantra ("don't be afraid") easily elicits associations with the hypnotic aesthetics of sect propaganda or the poetics of insurance commercials. In a close analysis of this enigmatic marketing campaign and its linkage to convergence culture I want to discuss a trans-medial "aesthetics of manipulation" broadly reflected and perpetuated throughout media history.
From the late modern phantasm of hypnosis in Dr. Mabuse or Caligari and Sergej Ejzenštein's reflexological film theory this audio-visual strategy appears throughout the last century in a broad thematic and stylistic variation reaching into the most recent revival of conspiracy theories in political discourse and popular culture. The dismissal of a particular medial dispositive as in Baudry's apparatus theory (which has its pseudo-scientific counterpart in the condemnation of television as a "brainwashing" media) re-inscribes itself into the audio-visual representations of "media manipulation" itself. Whereas the arrangement of a brainwash sequence like the one in Parallax View (or A Clockwork Orange , Soylent Green , Cypher , Lost etc.) shows the spectator as dominated by the cinema screen, the media stimulus in a movie like The Ring (the mysterious you-will-die-in-one-week-video-tape) puts more emphasis on chemical (dust and scratches) and analogue distortions (white noise, interlacing) in order to convey a distinct aesthetic appearance of its "manipulating" effects as opposed to the realistic diegesis it is embedded in. This very same re-inscription of other media's aesthetics attains new significance in more recent online videos such as Zeitgeist or mash-ups of 9/11 footage on YouTube. In order to add to their own credibility they try to undermine precedent or competing media (e.g. television) by highlighting them as biased, manipulative or even hypnotic. The relationship between a distractive "disorientation" inside of these audio-visual mazes and the orientation by dint of mythical media phantasms (hypnosis, brainwashing) has to be critically reflected.

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FELIX LENZ (Frankfurt)
Intertextuelle Orientierungen beim filmischen Erzählen von Desorientierung
am Beispiel von Dominik Grafs "Deine besten Jahre"

Ausgehend von Dominik Grafs Deine besten Jahre (D, 1998), der die komplette Desorientierung einer Fabrikanten-Gattin nach dem Unfalltod von Mann und Sohn behandelt und erzählt, wie sie Orientierung über die wirklichen Rahmenbedingungen ihres Lebens gewinnt, möchte ich parallele Narrative zu diesem Film in Blick nehmen: Drei Farben Blau (1993) von Kieslowski, Rote Wüste (1964) von Antonioni und Notorious (1946) von Hitchcock. Alle Filme verbindet eine desorientierte Hauptfigur, die eine räumliche Diffusion durchmacht. Und vor allem verbindet sie, dass sie allesamt als orientierende Quellfilme für Deine besten Jahre dienen. Ich möchte so aufzeigen, wie Deine besten Jahre von weiblicher Desorientierung in unserer Epoche mit heutigen Formmitteln erzählt und dabei seine ästhetischen Entscheidungen bis ins Detail durch orientierende Anlehung und Abgrenzung gegenüber den skizzierten Vorbildern gewinnt.

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KATHRIN ROTHEMUND (Lüneburg)
From Antz to Brains. Komplexität in Aronofskys π (USA, 1998)

Ein Mann sitzt auf einer Bank im Park und beobachtet seine Umgebung. Sein Blick bleibt schließlich an den Bäumen in seiner Nähe haften, deren Äste und Blätter sich im Wind bewegen. Diese Aufnahme von sich im Wind wiegenden Blättern bilden nicht nur einen visuellen Rahmen für die Narration des Films, sondern verorten den Film in einem Referenzsystem filmhistorischer Bezüge.
Durch diese Szenen findet ein Verweis auf die frühe Filmgeschichte und die Filme der Lumières statt, denn die Blätter im Wind können einen Hinweis auf den psychischen Zustand des Protagonisten in der diegetischen Welt von π geben. Am "Zittern der vom Wind erregten Blätter" macht Kracauer aus, dass der Film die Möglichkeit der Abbildung der physischen Realität hat. Dem gegenüber wird im Film π die Beschäftigung des Protagonisten mit dem Zustand seines Gehirns gestellt, das nicht nur in Analogie zum Computer gedacht werden muss, sondern darüber hinaus vor allem auch immer wieder die Frage nach dem Wahrnehmungsraum des Films aufwirft.
Der Film π (USA, 1998) von Darren Aronofsky ist ein Film, in dem Komplexität in doppelter Hinsicht eine zentrale Rolle spielt. Zum einen wird Komplexität inhaltlich und motivisch in die Narration eingewoben indem die Nummerologie der Kabbalah, Zusammenhänge des Aktienmarktes und kybernetische Fragestellungen thematisiert werden, zum anderen weist der Film eine komplexe Erzählstruktur auf, die im Rahmen des Vortrags näher beleuchtet werden sollen.
Im Vortrag soll daher der Zustand der komplexen Wahrnehmungswelt des Protagonisten näher betrachtet werden, um darüber die Differenz von subjektiven Wahrnehmungsbildern und objektiver Realitätsdarstellung in der diegetischen Welt des Films in Frage zu stellen, die wiederum nur unter Rückgriff auf die Komplexität als zentralen Themenkomplex des Films verstanden werden kann.
Das Verwischen der Grenze zwischen diesen beiden Präsentationsmodi ist gerade für Mind Game Movies ein zentraler Aspekt narrativer Komplexität und führt zu einer konstanten Desorientierung des Zuschauers. Es stellt sich daher die Frage nach dem Referenzsystem von Aktuellem und Virtuellem: Während objektive und subjektive Bilder gleichberechtigt nebeneinander stehen, müssen sich Zuschauer über andere Hinweise orientieren, um den Gehalt von Bildern bestimmen zu können, was in π – so die grundlegende These des Vortrags - durch filmhistorische Bezüge vollzogen werden kann.


 



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