1 Die Moose (Bryophyta)
1.1 Allgemeine Übersicht
Die Moose sind durchweg kleine bis sehr kleine Pflanzen
(wenig mm bis einige cm groß). Nur wenige Arten sind sekundär
wieder zum Wasserleben (z.B. Fontinalis) übergegangen, die überwiegende
Mehrheit ist landlebend. Feuchte Lebensräume zeigen die größte
Artenvielfalt, aber auch an zeitweise sehr trockenen Standorten kommen
Moose vor. Phasen der Trockenheit werden dabei praktisch ohne meßbare
Stoffwechselaktivität und weitestgehend dehydriert in einem Zustand
überdauert, der gerne „latentes Leben" genannt wird.
Bei allen Moosen repräsentiert der Gametophyt die langlebige
und von der Biomasse her überwiegende Phase des Generationswechsels.
Der Sporophyt besteht immer nur aus einem einzigen, meist deutlich gestielten
Sporangium (Sporenkapsel) und stirbt nach der Reifung der darin gebildeten
Sporen ab. Die Differenzierung des Sporophyten beschränkt sich im
Wesentlichen auf eine manchmal komplizierte histologische Differenzierung
der Sporenkapsel. Die Kapsel weist meist einen deutlichen Stiel auf, der immer ein glatter Träger
(Sporangiophor) ohne äußere Differenzierung und niemals mit
Blättern oder Haaren besetzt ist. Fast immer wird der Kapselstiel
vom Sporophyten gebildet (Seta), nur in Ausnahmefällen wird er vom
Gametophyten gebildet (Pseudopodium bei Klaff- und Torfmoosen). Der kurzlebige
Sporophyt bleibt zeitlebens in Verbindung (1) mit dem Gametophyten und wird im Gegensatz zu den Verhältnissen
bei Farnen niemals eine vom Gametophyten unabhängige Pflanze.
Die Moose sind in der Regel isospor. Nur bei wenigen Laubmoosen
(z.B. Macromitrium, Orthotrichum) kommt Anisosporie (2) vor. Eine sexuelle Differenzierung in morphologisch gleichgestaltete
männliche und weibliche Sporen aus denen männliche und weibliche
Moospflanzen (Gametophyten) hervorgehen ist dagegen häufiger (z.B.
Polytrichum, Marchantia).Werden verschiedene Sporen gebildet, so gehen
aus einer Meiose zwei weibliche und zwei männliche Sporen hervor,
die Differenzierung erfolgt durch Geschlechtschromosomen.
Während sich die systematische Gliederung in besonderem
Maß auf die meist nicht das ganze Jahr über anzutreffenden
Sporophyten stützt, ist für das Erkennen und Bestimmen der Moose
vor allem die Morphologie des Gametophyten wesentlich. Es gibt sowohl
thallöse als auch beblätterte Moose. Thalli können einschichtig
oder vielschichtig (Gewebethallus) sein. Moosblättchen sind mit Ausnahme
der Blattbasis und der gelegentlich auftretenden Mittelrippe immer einschichtig.
Zwischen den Blättchen können am Stengel der Laubmoose sog.
Paraphyllien stehen. Paraphyllien sind einzellreihige Haare oder mehrzellreihige
flächige Gebilde, die im Gegensatz zu Rhizoiden Chloroplasten enthalten.
Manchmal sehen die Blattbüschel reduzierter Seitentriebe ähnlich
wie Paraphyllien aus, sie werden dann Pseudoparaphyllien genannt. Die
Verankerung am Substrat erfolgt durch epidermale Haare, die Rhizoide genannt
werden. Die Rhizoide sind mehrzellig (Laubmoose) und haben dann charakteristische,
schief gestellte Zellwände, oder sie sind einzellig (3) (Lebermoose). Bei Lebermoosen können die Rhizoide auf
der Innenseite zapfenartige Wandverstärkungen aufweisen. Echte Wurzeln
kommen bei Moosen niemals vor. Der Gametophyt ist ausdauernd und kann
über viele Jahre hinweg immer wieder Gametangien ausbilden und Sporophyten
tragen.
Zahlreiche Moose sind in der Lage, aus kleinsten Bruchstücken zu regenerieren. Manche Arten bilden dazu leicht abbrechende Brutknospen , andere kugelige Ausbreitungseinheiten (Brutkörper, Gemmen). Neben der exogenen Bildung von Brutkörpern kommt (nur bei Lebermoosen) eine endogene Bildung solcher Vermehrungseinheiten vor. Sie gleicht der Sporenbildung insofern, als der Zellinhalt bei der Bildung der 1-4 Ausbreitungseinheiten aufgebraucht und wird und bei der Ausbreitung die leere Zellwand zurückbleibt. Von Sporen oder Konidien unterscheiden sich solche Ausbreitungseinheiten vor allem dadurch, daß sie keine Ruhe- oder Dauerstadien darstellen. Sie wachsen oft direkt auf der Mutterpflanze weiter und werden dann an einer Pflanze in ganz unterschiedlicher Größe freigesetzt.
Es gibt Blütenpflanzen, die vegetativ Moosen auf den ersten Blick sehr ähnlich sein können. Das sind z.B. kleinblättrige Polsterpflanzen, und eine Art (Mayaca sellowiana) trägt sogar in ihrer Heimat (Südbrasilien) den Namen „Moos mit Blüten". Moose haben im Gegensatz zu moosähnlichen Blütenpflanzen niemals aus Geweben aufgebaute Wurzeln sondern nur fädige Rhizoide. Im Gametophyten kommt zwar eine Differenzierung in verschiedene Zellen und Gewebe vor, es finden sich aber niemals Leitbündel mit Wasserleitelementen (Tracheen, Tracheiden). Typische Wasserleitelemente treten selten und als isolierte Zellen nur im Sporophyten auf. Spaltöffnungen oder ähnliche Strukturen finden sich nur an der Sporenkapsel oder auf dem Thallus mancher thallöser Lebermose, niemals aber auf den Blättchen beblätterter Moose. Diese Blättchen sind bis auf die (manchmal fehlende) Mittelrippe einschichtig. Eine Spaltöffnung wäre hier sinnlos und würde nicht wie bei höheren Pflanzen in eine Atemhöhle führen, sondern einfach auf die andere Seite des Blättchens.
1.2 Der Generationswechsel der Moose
Die Spore eines Mooses keimt zunächst mit einem (4) Faden aus. Dieser Faden kann sich verzweigen und wird Protonema (5) genannt. Nach einiger Zeit bildet eine oder mehrere Fadenspitzen
eine dreischneidige Scheitelzelle (6) aus und gehen zur Bildung einer beblätterten Moospflanze über.
Nach einiger Zeit bildet die Moospflanze am Gipfel der Sprösschen
(gipfelfrüchtige Moose) oder an der Spitze kurzer basaler Seitentreibe
(seitenfrüchtige Moose) männliche und weibliche Gametangien
aus. Männliche und weibliche Gametangien können auf einer Pflanze
vorkommen (monözische Moose) oder auf verschiedene Individuen verteilt
sein (diözische Moose). Bei den monözischen Moosen kann weiter
unterschieden werden, wie die Gametangien auf der Pflanze verteilt sind
(Abb.Geschlechterverteilung).
Die weiblichen Gametangien enthalten nur einen einzigen
Gameten, die Eizelle. Ein solches Gametangium nennt man bei niederen Pflanzen
Oogonium. Bei Moosen und Farnen wird es aus historischen Gründen
Archegonium (7) genannt.
Das Archegonium hat eine Wand aus einer Zellschicht. Es besteht aus einem
die Eizelle umschließenden Bauch und einem kaminartigen Hals. Der
Hals umschließt eine einzige Zellreihe, die sog. Halskanalzellen.
Zwischen den Halskanalzellen und der Eizelle liegt eine größere
Zelle, die Bauchkanalzelle. Wenn sich das Archegonium öffnet, verschleimen
Bauchkanal- und Halszellen, so daß die Spermatozoiden zur Eizelle
schwimmen können.
Durch Befruchtung entsteht aus der Eizelle die Zygote, die
sich unter Zellteilungen zum Sporophyten weiter entwickelt. Zunächst
folgt die Wand des Archegoniums diesem Wachstum. Wenn aber das Wachstum
des Kapselstiels (Seta) einsetzt, wird die Archegonienwand an der Basis
abgerissen und als Haube (Calyptra) auf der Kapsel emporgehoben. Bei der
Kapselentwicklung gibt es eine festgelegte Teilungsfolge. Die Spitzenzelle
des Sporophyten teilt sich zunächst in vier Quadranten, dann wird
jeder Quadrant in eine inner und eine äußere Zelle unterteilt.
Die äußere Schicht bildet als Amphithecium die spätere
Kapselwand, die inneren Zellen als Endothecium (8) sowohl die sporenbildende Schicht (Archespor) als auch die sterile zentrale
Säule (Columella). Das Amphithecium differenziert sich im Spitzenbereich
der Kapsel in die für die einzelnen Moosgruppen typischen Öffnungsstrukturen.
Die Antheridien haben ebenfalls eine Wandung aus einer Zellschicht. Die zahlreichen Zellen innerhalb dieser Wand sind die spermatogenen Zellen. Jede von ihnen bildet zwei Spermatozoide, die unter Auflösung der Zellwände im Innenraum und durch Öffnung der Hülle an der Spitze freigesetzt werden. Die Spermatozoide gelangen durch chemotaktische Anlockung (sog. Gamone) zu den Archegonien. Größere Strecken können überwunden werden, indem die Spermatozoide durch auftreffende Wassertropfen weggeschleudert werden. Diese „Spritzver breitung" wird bei manchen Arten durch eine becherartige Hülle („Perianth"; nicht zu verwechseln mit dem Perianth der Blütenpflanzen!) um die Antheridienstände begünstigt. Damit die Spermatozoide die an der Spitze der Moossprösschen liegenden Archegonien erreichen können, muß dieses vollständig mit Wasser bedeckt sein. Diese Wasserbedeckung liegt meist in Form von Kapillarwasser zwischen Stämmchen und den Basen der Blättchen vor. Diese „äußere Wasserleitung" macht eine innere Wasserleitung weitgehend überflüssig. Hochentwickelte Wasserleitstrukturen wie Phloem oder Xylem fehlen den Moosen daher.
1.3 Die Hauptgruppen der Moose
1.3.1 Laubmoose (Bryopsida)
1.3.1.1 Bryidae
Die bekannteste und größte Gruppe der Moose sind
die Laubmoose s.str. (9) (Bryidae). Für die systematische Gliederung ist vor allem die Morphologie
der Kapsel und hier insbesondere die Öffnung der Kapsel wesentlich.
Dieses Peristom liegt unter einem Deckel und ist aus zahlreichen Zähnen
gebildet. Bei den Verwandten des Frauenhaarmooses (Polytrichum, Polytrichales)
sind diese Zähne aus Zellen aufgebaut (siehe schematischer Querschnitt
). Bei den anderen Laubmoosen bestehen diese Zähne nicht aus zahlreichen
ganzen Zellen, sondern um die verdickten Wände zwischen zwei benachbarten
Zellreihen. Die Zellen selbst zerreißen dabei (schematischer Querschnitt).
Solche nur aus Zellwänden bestehenden Zähne können in zwei
Reihen oder in einer Reihe stehen. Man spricht dann von einem doppelten
oder von einem einfachen Peristom.
In der Mitte der Kapsel steht eine sterile Säule, die
Columella. Die Zellen um diese Säule herum machen alle eine Meiose
durch und werden alle zu Sporen. Sterile Zellen zwischen den Sporen wie
bei den Lebermoosen kommen bei den Laubmoosen nicht vor. Der Sporophyt
ist ein typisches Einwegprodukt und stirbt nach der Reife der Sporen ab.
Er ist aber relativ derb und haltbar und man kann deswegen die Kapseln
bei vielen Arten das ganze Jahr hindurch finden.
Bei der Bestimmungsarbeit spielt oft auch die Frage nach
der Anzahl der Peristomzähne eine Rolle. Hierzu ist es wichtig, sich
klar zu machen, daß die Kapsel durch eine regelmäßige
Abfolge von Teilungen gebildet wird. In dieser Abfolge werden in der Schicht,
die das Peristom bildet zuerst 2, dann 4, 8, 16, 32 oder 64 Zellen gebildet
und auch entsprechend viele Zähne. In Ausnahmefällen können
aus jeder Zelle können auch mehrere Zähne hervorgehen. Das bedeutet
aber, daß eine zusätzliche Teilung der Zellen oder eine weitere
Aufspaltung der Zähne eine Verdoppelung der Zahl der Zähne bedeutet.
Wird also in einem Bestimmungsschlüssel gefragt „32 Persistomzähne
oder mehr" mit der alternative „weniger Peristomzähne", so ist gemeint
„16 oder noch weniger". Das macht die leidige Zählerei viel einfacher,
den es interessiert überhaupt nicht, ob das Ergebnis 30 oder 34 ist,
sondern nur ob es die eine oder die andere Zahl aus der Reihe 2x ist.
Wegen der Entstehung aus Segmenten der dreischneidigen Scheitelzelle
werden die Blättchen der Laubmoose zwar zunächst in drei Zeilen
angelegt, sie gelangen aber rasch in eine zerstreute Position. Die Laubmoose
können eine echte Mittelrippe (mehrere Zellschichten) haben, es gibt
jedoch auch Arten ohne Mittelrippe. Vereinzelt kann die Mittelrippe sehr
breit sein und den größten Teil des Blattquerschnittes einnehmen
(Polytrichum
(10)).
1.3.1.2 Sphagnidae (Torfmoose) und Andeaeidae (Klaffmoose)
Zu den Laubmoosen im weiteren Sinn werden die Torfmoose
(Spahgnidae) und die Klaffmoose (Andreaeidae) gerechnet. Den Torfmoosen
und den Klaffmoosen gemeinsam ist, daß der Stiel der Sporenkapsel
vom Gametophyten gebildet wird (Schemazeichnung). Er wird Pseudopodium
genannt und damit auch begrifflich von der zum Sporphyten gehörenden
Seta der Bryidae unterschieden.
Die Torfmoose umfassen nur die einzige, weltweit verbreitete
Gattung Sphagnum (Torfmoos). Die Torfmoose sind charakteristisch für
Torfmoore, kommen aber auch an anderen feuchte und nährstoffarmen
Stellen vor. In perhumiden tropischen Gebieten kann man sie sogar als
Polster auf blankem Fels finden. Der Sproß der Torfmoose zeigt eine
charakteristische Verzweigung in ein Stämmchen und zahlreiche wagerecht
abstehende Ästchen, die beide kleine Blättchen tragen. Die einschichtigen
und stets nevenlosen Blättchen der Torfmoose sind aus einem Netz
lebender, grüner Zellen (Chlorocyten) und von diesen umgebenen abgestorbenen
Zellen (Hyalocyten) umgeben. Die Hyalocyten weisen eine oder mehrere Poren
nach außen auf. Die Hyalocaten sind dafür verantwortlich, daß
Torfmoose wie ein Schwamm enorme Mengen Wasser speichern können.
Die subarktischen Moore wachsen nur sehr langsam. Da aber
in Torfmooren praktisch keinerlei Remineralisierung stattfindet, sind
Torfmoore trotzdem ein wichtiges Sink für CO2. Die aus
Torfmoosen im Lauf von Jahrhunderten entstehenden Torfe sind wichtige
Substrate für den industrialisierten Gartenbau, unter anderem weil
Torf praktisch keimfrei ist und die daraus hergestellten Substrate nicht
sterilisiert werden müssen. Unter den heutigen klimatischen Bedingungen
regenerieren abgetorfte Hochmoore in Deutschland praktisch nicht. Die
Nutzung geht daher in unserem Gebiet mit einem endgültigen Verlust
dieser Biotope einher.
Die Klaffmoose haben ihren Namen von der mit vier Spalten öffnenden Kapsel. Die wichtigste Art (Andrea petrophila) wächst auf Silikatfelsen. Bei den Klaffmoosen entsteht aus der Spore nicht wie bei den Bryidae ein Zellfaden, sondern ein mehrzelliger Körper. Erst aus diesem wächst dann ein Faden heraus, der aber rasch wieder zu thallöser Organisation übergeht. Auf diesem verzweigten Thallus entstehen dann neben eigenartigen sog. Thallusblättchen auch typische Moospflänzchen.
1.3.2 Die Lebermoose (Marchantiopsida)
Die Lebermoose weisen eine mit (meist) vier Klappen öffnende
Kapsel auf. Es bildet sich keine einheitliche Sporenmasse aus, sondern
zwischen den Zellen, die eine Meiose durchlaufen, bleiben zahlreiche Zellen
vegetativ und bilden langgestreckte sog. Elateren. Im mikroskopischen
Bild fallen die Elateren durch ihre spiraligen Wandverstärkungen
auf. Die Anzahl der Spiralen ist variabel und artspezifisch. Oft bleiben
vor allem an den Spitzen der Klappen Elateren mit der Kapselwand verbunden.
Die Elateren bilden auf der geöffneten Kapsel eine watteartige Struktur,
die mit den Sporen eingepudert zu sein scheint. Auf diese Weise fallen
nicht sofort alle Sporen heraus, sondern werden im losen Geflecht der
Elateren für die Ausbreitung durch den Wind exponiert. Bei manchen
Arten bleiben Elateren in je einem kleinen Büscheln an der Spitze
der vier Klappen stehen, bei anderen bleibt ein einziges Büschel
in der Mitte am Kapselboden zurück. Im Gegensatz zu den gelben oder
braunen Sporen der Laubmoose und Farne sind die Sporen der Lebermoose
vielfach grün. Der Sporophyt ist sehr kurzlebig und meist wenige
Tage nach dem Öffnen der Sporenkapsel schon wieder verschwunden.
Man findet die Sporophyten deswegen viel seltener aus bei den Laubmoosen.
An der Basis ist der Sporophyt außer von der Archegonienwand noch
von einer zweiten, meist etwas blasig aufgetriebenen Hülle umgheben,
dem sog. Perichaetium. Anatomisch sind die Lebermoose durch das Auftreten
von Ölkörpern in den Zellen gekennzeichnet. Diese Ölkörper
kommen einzeln oder zu mehreren in einzelnen Zellen des Thallus vor und
sind von einer Membran umgeben, so daß sie richtiger als Ölvakuolen
anzusprechen wären.
Bei den Lebermoosen gibt es sowohl beblätterte als auch thallöse Formen. Die beblätterten Lebermoose weisen
normalerweise eine dreizeilige Beblätterung auf. Es tritt jedoch
praktisch immer ein auffallender Dimorphismus der Blätter auf, der
in Zusammenhang mit der plagiotropen Wuchsform gesehen werden muß.
Der aufrechte Sproß der (hypothetischen) Ausgangspflanze legt sich
dabei immer so auf das Substrat, daß eine Blattzeile dem Substrat
zugewendet ist und zwei Reihen vom Substrat abgewendet sind.
Die dem Substrat zugewendete Blattzeile (Unterblätter (11), Bauchblätter, Amphigastrien) ist mehr oder weniger
stark reduziert, ausnahmsweise kann sie sogar ganz fehlen. Wenden die
seitlichen Blätter ihre Oberseite nach unten zum Substrat hin, dann
ist der zur Sproßspitze hin zeigende Blattrand sichtbar. Diese Art
der Beblätterung wird oberschlächtig
genannt. Weisen die Blättchen die morphologische Oberseite vom Substrat
weg nach oben, dann taucht der zur Spitze weisende Blattrand unter das
nächste distale Blatt. Diese Beblätterung wird unterschlächtig
genannt.
Bei vielen Lebermoosen sind die Seitenblätter gefaltet.
Man unterscheidet dann einen dem Substrat zugewendeten Unterlappen und
einen vom Substrat weg gewendeten Oberlappen. Ober- und Unterlappen können
morphologische sehr verschieden gestalten sein. Es gibt Arten bei denen
der Oberlappen größer ist als der Unterlappen. In diesem Fall
kann der Unterlappen zu einer Art Wassersack umgebildet sein (Frullania).
Es gibt aber auch Arten, bei denen der Unterlappen größer ist,
so daß von der Oberseite
her beide zu sehen sind und der Eindruck einer Verdoppelung der Blattzeilen
entsteht. Manche Lebermoose können zusätzlich rhizomartige Stolonen
mit meist reduzierter Beblätterung entwickeln.
Bei den thallösen Lebermosen finden sich solche mit einfach gebauten, einschichtigen Thalli und solche mit hoch differenzierten mehrschichtigen Thalli. Auf der Unterseite der Thalli finden sich Rhizoide, deren Innenwand entweder glatt oder mit vorspringenden Zäpfchen versehen sein kann (Zäpfchenrhizoide). Außerdem findet man vor allem im Bereich der Mittelrippe sogenannte Bauchschuppen. Diese Bauchschuppen sind flächig, quergestellt, stets einschichtig und chlorophyllfrei. Sie treten in zwei Längsreihen entlang der Thallusmitte bzw. der Mittelrippe auf.
1Die vielfach verwendete Formulierung, der Sporophyt „parasitiere" auf dem Gametophyten ist absurd. Unter Parasitismus versteht man eine Beziehung zwischen verschiedenen Arten, aber nicht die Beziehung zwischen aufeinanderfolgenden Generationen oder Phasen des Generationswechsels einer Art.
2Gelegentlich wird der geringe Größenunterschied auch ausreichend für die Bezeichnung als Heterosporie betrachtet. Wegen ihrer Bildungsweise sind beide Sporentypen in gleicher Menge in einem einzigen Sporangium vorhanden. In anderen Gruppen (manche Farnpflanzen, Samenpflanzen) werden die weiblichen Makrosporen und die männlichen Mikrosporen in verschiedenen Sporangien gebildet!
3Die einem Lebermoos manchmal sehr ähnlichen Prothallien der Farne tragen mehrzellige Rhizoide. Bei der (beblätterten) Lebermoosgattung Schistochila treten mehrzellige Rhizoide auf, bei denen die Mehrzelligkeit aber auf einen verdicken bis Blumenkohlartig aufgeteilten Endabschnitt des sonst einzelligen Rhizoids beschränkt ist.
4In seltenen Fällen kommt wohl auch eine Keimung mit 2-4 Fäden vor. Das ist eigentlich nur denkbar, wenn bereits in der Spore eine Teilung in mehrere Zellen oder wenigstens mehrere Kerne vorgelegen hat. Ob der Faden oder der Zellhaufen die plesiomorphe Situation darstellt, ist schwierig. Im Allgemeinen legt man sich auf den Faden als ursprüngliche Form fest, wohl mit dem merkmalsphylogentischen Konzept, die trichale Organisation sei nach der einzelligen (monadalen, capsalen oder coccalen) die ursprünglichste.
5proto- gr. zuerst; nema gr. Faden;
6Die Richtung der schräg eingezogenen Teilungswand wechselt bei den aufeinanderfolgenden Teilungen der Scheitelzelle um 1200, daß die Abkömmlinge der Scheitelzelle in drei Reihen angeordnet sind.
7Dillenius (1741) und Linné verglichen die Mooskapsel mit der Anthere der Blütenpflanzen. Später wurde sie von dem bedeutenden Moosforscher Hedwig mit der die Samen enthaltenden Frucht der Blütenpflanzen verglichen. Das Archegonium, aus dem die Samenkapsel hervorgeht, nannte er „Pistillidium". Das männliche Organ nannte er entsprechend „Antheridium" und homologisierte es mit der Anthere der Blütenpflanzen. Bischoff glaubte ebenfalls, daß das ganze Archegonium zur Sporenkapsel wird und nannte es „Archegonium" (= „Vorfrucht" oder „zur Frucht werdendes"). Die auf falschen Homologisierungen basierenden Begriffe erhielten sich, als W. Hoffmeister 1851 den Generationswechsel der Moose und Farne endgültig aufgeklärt hatte.
8Bei den Samenpflanzen bezeichnet der Begriff „Endothecium" die für die Antherenöffnung vertantwortliche subepidermale Schicht in den Theken der Staubgefäße von Angiospermen. Ist die für die Öffnung der Antheren verantwortliche Schicht die Epidermis wie bei den Gymnospermen, heißt diese „Exothecium".
9Ohne Klaff- und Torfmoose
10Bei Polytrichum trägt die Mittelrippe lamellenartige Assimilatoren. Wer nur Polytrichumg gesehen hat, kann nicht verstehen, wie man auf die Idee kommen kann hier die Beschreibung zu verwenden „Mittelrippe die gesamte Blattbreite einnehmend" und zugleich an der Einschichtigkeit des Moosblattes fest zu halten. Nur im Vergleich zu verwandten Arten wie Atrichum ist dies leicht einsichtig. Auch wenn Polytrichum leicht zu kennen und zu finden ist, sollte Polytrichum deswegen nicht als einziges Beispiel für die Moose (z.B. im Schulunterricht) verwendet werden!
11Bei den Blütenpflanzen wird mit dem Terminus „Unterblatt" der basale, die Nebenblätter tragende Teil des Blattes bezeichnet und gegen das aus Blattstiel und Blattspreite bestehende „Oberblatt" abgegrenzt. Das Unterblatt der Lebermoose ist also etwas ganz anderes als das Unterblatt der Angiospermen!